Hamburger ECE geht neue Wege. Ein iPad in XXL-Format und Apps für Smartphones werden eingeführt. Die Hansestadt ist einer der Testmärkte.

Hamburg. Die Dame auf dem Bildschirm wirkt noch ein wenig nervös. "Wie kann ich Ihnen helfen?", fragt sie über die Videoleitung, die ihren Arbeitsplatz in einem Callcenter in Essen direkt mit einer Infosäule im Alstertal-Einkaufszentrum (AEZ) in Hamburg-Poppenbüttel verbindet. Als Test soll sie nun den Weg von dem Infopoint bis zu Hollister, einem der zahllosen Modeläden in dem Shoppingcenter, beschreiben. "Gehen Sie geradeaus, dann rechts und dann links", sagt die Dame, und auf dem Bildschirm erscheint ein entsprechender Lageplan mit eingezeichneter Route. "Den kann ich Ihnen auch ausdrucken", bietet die Mitarbeiterin an, und nach einem kurzen Summen kommt der Plan aus dem integrierten Drucker.

Das sogenannte Info Gate ist eines der neuen Hightech-Serviceangebote, die Europas größter Shoppingcenterbetreiber ECE derzeit in seinem Einkaufscenter in Poppenbüttel sowie in der Mall Limbecker Platz in Essen testet. Dabei versucht das Unternehmen, Elemente aus der Onlinewelt und des E-Commerce auf die traditionellen Läden zu übertragen. "Wir haben hier so etwas wie ein Testlabor aufgebaut und wollen überprüfen, welche Konzepte bei den Kunden ankommen", sagt Henrie W. Kötter, Geschäftsführer für den Bereich Centermanagement.

So hat ECE für Smartphones beispielsweise eine eigene App für das AEZ entwickeln lassen, über die die Kunden Sonderangebote in den einzelnen Geschäften angezeigt bekommen. Kaufen sie diese ein, können sie Bonuspunkte sammeln und so weitere Vergünstigungen erhalten. Wem bei diesen Aktionen der Saft ausgeht, kann sein Handy oder Tablet auch gleich in der Einkaufsstraße wieder mit Strom versorgen.

Auf einer mehrere Meter großen Infowand werden ebenfalls Hunderte von Produkten angezeigt, durch die die Kunden mithilfe eines berührungsempfindlichen Bildschirms navigieren können. Blogger geben auf der "Mall Wall" Tipps und Einschätzungen zu neuen Taschen oder Schuhen ab. Zugleich lassen sich auf der Wand auch interaktive Spiele wie ein virtuelles Ostereiersuchen ausprobieren, bei dem die Teilnehmer mit einer Videokamera aufgenommen und in das Spiel integriert werden. Das Ganze wirkt wie ein iPad im XXL-Format.

Speziell für Kinder haben die Shoppingcentermanager einen Touchscreen auf dem Boden verlegt, über den kleine Autos oder Münzen flitzen, die mit den Füßen eingefangen werden müssen. Dafür gibt es im Anschluss dann Punkte, gedacht ist zudem an kleine Geschenke wie ein Eis, die je nach Punktestand im Kindergarten des Einkaufszentrums verteilt werden.

Der Grund für den groß angelegten Test: Traditionelle Geschäfte und damit auch die Shoppingcenter spüren immer mehr den Druck des boomenden E-Commerce und Versandhandels. Eine von ECE selbst in Auftrag gegebene Studie kam jüngst zu dem Ergebnis, dass der Umsatzanteil des Internetgeschäfts am gesamten deutschen Einzelhandel schon heute bei 16 Prozent und damit deutlich höher liegt, als etwa in den offiziellen Statistiken des Hauptverbands des deutschen Einzelhandels ausgewiesen. Zugleich ergab die Untersuchung allerdings auch, dass viele Einkäufe im Internet zwar vorbereitet werden, die Kunden letztlich aber doch ihre Schuhe, Jacken oder Schmuckstücke erst einmal anfassen und in einem real existierenden Laden erwerben möchten.

Diesen Kunden will ECE mit den neuen Hightech-Spielzeugen ein Angebot machen. Manch eines der insgesamt 17 getesteten Systeme dürfte dabei allerdings bei Datenschützern für Stirnrunzeln sorgen. So können sich Facebook-Fans beispielsweise mit ihrem Account ins AEZ einloggen und ihren Freunden mitteilen, wo sie sich gerade aufhalten

Wer möchte, kann auch ein Foto von sich schießen lassen, das dann auf der Facebook-Fanseite des Einkaufszentrums oder auf der großen Infowand erscheint. Dieser Verwendung ihrer Daten müssen die Nutzer allerdings explizit zustimmen.

"Wir geben keine Daten unserer Kunden an Dritte weiter und zeichnen auch keine Bewegungsprofile auf", betont ECE-Manager Kötter. Der Konzern hat alle Projekte nach eigenen Angaben vor dem Start rechtlich prüfen lassen. Schließlich ist der Shoppingcenterbetreiber schon einmal mit Hamburgs Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar aneinandergeraten, weil im AEZ zu viele Videokameras installiert wurden. Nach der öffentlichen Kritik musste ECE einen Teil der Systeme wieder demontieren.

"Sicher wird es auch Angebote geben, die bei den Kunden nicht so gut ankommen und die wir dann nicht weiter verfolgen werden", sagt Kötter. "Es geht darum zu lernen, was die Besucher wollen und das Einkaufserlebnis noch attraktiver zu machen."

Manch ein System steckt technisch derzeit auch noch in den Kinderschuhen. So reagiert der Touchscreen, über den die große Infowand bedient wird, noch reichlich träge und nimmt bei Weitem nicht jedes Kommando an. Eine künstliche Beraterin namens Gloria ist zum Start der Testphase nicht fertig worden, weil es Probleme mit der Sprachausgabe gab.

Und das aufwendige Info Gate mit eingebauter Videokonferenz versagte bei der ersten offiziellen Vorstellung ebenfalls den Dienst. Die Haustechniker hatten schlicht vergessen, ausreichend Papier für den integrierten Drucker nachzufüllen.