Die Partei diskutiert über die Einführung von Referenden in der Hansestadt als einer Ergänzung zu den Bürger- und Volksbegehren.

Hamburg. Die Grünen wollen die Beteiligung der Bürger an politischen Entscheidungen - die "direkte Demokratie" -, weiter ausbauen und setzen sich für die Einführung von Referenden ein. Mit dieser Art Volksbefragung könnten Senat oder Bürgerschaft die Bürger schon in einem früheren Stadium um Zustimmung für ein Projekt bitten. Denkbar wäre das etwa beim Bau der Elbphilharmonie oder der Einführung der Stadtbahn gewesen.

Am Sonntag wird sich ein Grünen-Parteitag mit einem Leitantrag des Landesvorstands befassen, in dem "Ideen für Beteiligung und eine neue Bürgergesellschaft" formuliert sind - und zwar bewusst als Denkanstoß. "Der Landesvorstand ist mehrheitlich für die Einführung von Referenden", sagte die Landesvorsitzende Katharina Fegebank dem Abendblatt, "aber wir wollen der Partei zunächst die Gelegenheit geben, darüber zu diskutieren."

Bürgerbegehren auf Bezirksebene und Volksbegehren auf Landesebene seien wichtige Instrumente der direkten Demokratie, heißt es in dem Papier. Sie hätten aber den Nachteil, dass sie erst eingesetzt würden, wenn Beschlüsse bereits gefasst wurden. Daher gerieten sie in den Verdacht, "Dagegen-Instrumente" zu sein. Im Gegensatz dazu böten Referenden die Möglichkeit, die Bürger früher zu befragen.

In Hamburg gibt es bislang nur das "fakultative Referendum", das die Bürger erwirken können, wenn ein durch einen Volksentscheid abgesegneter Beschluss wieder geändert werden soll. Auch in den anderen Bundesländern ist das Instrument Referendum kaum ausgeprägt. Lediglich Bayern und Hessen nutzen es hin und wieder. In den anderen Ländern ist es nur in besonderen Ausnahmefällen möglich - so haben in Baden-Württemberg die Bürger auf diesem Weg der Fortsetzung des hoch umstrittenen Umbaus des Stuttgarter Bahnhofs ("Stuttgart 21") zugestimmt - den nun ausgerechnet der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann umsetzen muss.

Innerhalb der Hamburger Grünen ist der Ausbau der direkten Demokratie daher durchaus umstritten. So schreibt Ex-Umweltsenator Alexander Porschke in einem Zusatzantrag: "In der Konsequenz heißt das, dass wir kaum damit rechnen können, besonders ,grüne Projekte', die von anderen Parteien nicht gewollt werden, demokratisch durchzusetzen." Umgekehrt werde es "besonders schwer, von der demokratischen Mehrheit gewollte Projekte aus (sicher guten) grünen Gründen zu verhindern." Auch der Landesvorstand spricht von einem "Dilemma". Fegebank sagte mit Blick auf den verlorenen Volksentscheid zur Primarschule: "Wir haben da viel Lehrgeld gezahlt. Aber wir haben trotzdem den Anspruch, Motor der Veränderung zu sein."

Der Parteitag soll zudem die Landesliste der Grünen für die Bundestagswahl beschließen. Auf den aussichtsreichen ersten beiden Plätzen werden wohl Ex-Senatorin Anja Hajduk und der Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin platziert.