Erdgasförderung mittels Fracking ist umstritten. Nur Transparenz schafft Vertrauen.

Der Mensch ist ein paradoxes Wesen. Unentwegt verändert er seine Umgebung und formt sich die Welt zu seinem Nutzen. Zugleich aber fürchten die meisten von uns kaum etwas so sehr wie die Veränderung. Jeder kleinste Eingriff in seine Lebenswelt macht dem Menschen Angst. Am liebsten wäre es ihm, wenn alles so bliebe, wie es ist. Hätte die Angst immer gegen unsere Neugier gesiegt, dann säßen wir bis heute auf Bäumen oder in Höhlen und wärmten uns an von Blitzen entzündetem Feuer. Immerhin hätten wir dann auch keine Probleme mit Fracking.

Fracking, das ist diese gar nicht mehr ganz neue Technologie, mit deren Hilfe Gas und Öl aus tiefen Gesteinsschichten gewonnen werden kann. Das Hydraulic Fracturing, das in den USA seit einigen Jahren verstärkt und mit großem Erfolg angewandt wird, birgt immense Chancen. In Deutschlands Boden schlummern nach einer Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter Erdgas, die auf diese Weise gefördert werden könnten. Fast das 200-Fache der aktuellen Förderung pro Jahr. Die Vorkommen nutzbar zu machen wäre ein großer Beitrag zur Energiesicherheit und zu mehr Unabhängigkeit von Gaslieferanten wie Russland oder den Erdölproduzenten in Arabien. Zugleich könnte die vermehrte Nutzung von Gas statt Kohle laut Experten auch eine Reduktion des Treibhausgases CO2 bewirken und im Rahmen der Energiewende Schwankungen bei Wind- und Solarstrom ausgleichen.

Zugleich aber birgt die Technologie des Frackings auch große Risiken. Denn die Gesteinsschichten werden bei dem Verfahren mittels hochgiftiger Chemikalien geweitet. Die Förderung könnte also, das fürchten die Kritiker, das Grundwasser großflächig verseuchen. Auch Erdbeben oder das Absacken des Bodens könnten eine Folge der Förderung sein, heißt es.

Nun hat der Streit ums Fracking Hamburg erreicht, weil ExxonMobil in den Bezirken Bergedorf und Harburg derzeit prüft, ob eine Förderung hier möglich und sinnvoll wäre. Und natürlich überwiegt auch hier zunächst einmal die Angst. Wird unser Grundwasser verseucht? Ist die Trinkwasserversorgung gefährdet? Was hat Exxon eigentlich genau vor? All diese Fragen sind berechtigt. Und sie müssen von dem Unternehmen und von den Hamburger Behörden offen beantwortet werden. Das allerdings geschieht dieser Tage gerade nicht. Der Senat antwortet auf Anfragen von Bürgerschaftsabgeordneten ausgesprochen zurückhaltend. Und die Anfragen von Bürgern nach dem neuen Transparenzgesetz werden offenbar erst abgewimmelt und dann nur widerwillig beantwortet. Exxon seinerseits hat seinen gesamten Erkundungsplan für Hamburger Gebiet flugs zum Betriebsgeheimnis deklariert. In den Unterlagen, die sich eine Journalistin und Bloggerin aus den Vierlanden auch im Namen einer kritischen Öffentlichkeit erstritten hat, sind alle Details zu den Plänen des Energiekonzerns geschwärzt. Aus der Wirtschaftsbehörde heißt es lakonisch, es gehe ja derzeit bloß um Vorerkundungen. Und in den betroffenen Bezirken wusste man bis vor Kurzem gar nichts von den Exxon-Plänen.

Derlei Geheimniskrämerei von Konzern und Behörden sorgt natürlich für wachsendes Misstrauen. Dabei sollte den Verantwortlichen klar sein: Nur weitestmögliche Offenheit und Transparenz schaffen Vertrauen und ermöglichen eine rationale Debatte. Politik und Unternehmen wären gut beraten, mit offenen Karten zu spielen. Andernfalls schaden sie nicht nur einer vernünftigen Energiepolitik - sondern am Ende auch sich selbst.