TUI-Chef auf letzter Hauptversammlung. Quartalsverlust der Hamburger Reederei steigt um 63 Prozent. Aktionär Kühne meldet sich zu Wort.

Hamburg/Hannover. Für den Reisekonzern TUI war es der Tag der Stabübergabe. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen und mit einem symbolischen Händedruck übergab Michael Frenzel, 65, die Führung an Friedrich Joussen, 49. Der Manager hat sich viel vorgenommen. "In den nächsten Wochen werden wir uns sehr genau die einzelnen Unternehmensbereiche vornehmen und - etwas salopp formuliert - vor der eigenen Haustür kehren", sagte Joussen bei der TUI-Hauptversammlung am Mittwoch in Hannover.

Zum Kehren gehört auch, dass sich die TUI von ihren Anteil in Höhe von 22 Prozent an Hapag-Lloyd trennen will. Und das hat seinen Grund. Denn die Hamburger Reederei rutscht immer tiefer in die Verlustzone. Nach Berechnungen des Abendblatts betrug der Fehlbetrag nach Steuern zwischen Oktober und Ende Dezember 2012 mehr als 36 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr waren es noch 22,6 Millionen Euro. Das Minus wuchs folglich um satte 63 Prozent. Weder TUI noch Hapag-Lloyd-Sprecher Rainer Horn wollten am Mittwoch dazu Stellung nehmen. Horn verwies lediglich darauf, dass die Reederei Zahlen für das Geschäftsjahr 2012 im März vorlegen werde.

"Die roten Zahlen sind für Hapag-Lloyd verkraftbar, kommen nicht überraschend", sagte Thomas Wybierek, Schifffahrts-Analyst bei der Norddeutschen Landesbank (NordLB) dem Abendblatt. Schlechte Ergebnisse für die Branche hätten sich schon abgezeichnet, als die Hauptsaison im Seetransport früher als sonst Ende August/Anfang September zu Ende gegangen sei. Eine Wende sieht der Analyst vorerst nicht. Denn allein bis zum Jahresende werden 51 Frachter mit Platz für 10.000 bis 18.000 Standardcontainer (TEU) ausgeliefert. Damit dürften die Überkapazitäten kaum sinken. "Hapag-Lloyd muss gegensteuern und hat für den März eine Erhöhung der Frachtraten angekündigt", sagt Wybierek.

Das stark verschlechterte Ergebnis im Quartal vor Weihnachten kommt für die Hamburger zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn seit dem 18. Dezember ist bekannt, dass mit der Oetker-Tochter Hamburg Süd über einen Zusammenschluss zu einer Großreederei verhandelt wird. Bis spätestens Mai soll es nach Informationen des Abendblatts eine Entscheidung geben.

Die entscheidenden Spieler in dem Poker sind dabei neben August und Richard Oetker die Stadt Hamburg mit ihrer Beteiligung von knapp 37 Prozent an Hapag-Lloyd und der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, der 28 Prozent der Anteile hält. Er äußerte sich am Mittwoch erstmals zu der geplanten Fusion. In einer schriftlichen Erklärung machte Kühne deutlich, dass er hinter den Verhandlungen stehe. In ersten Gesprächen auf Führungsebene habe sich die "Sinnhaftigkeit des angedachten Zusammenschlusses für beide Seiten" bestätigt. Kühne geht dabei davon aus, dass "ein fusioniertes Unternehmen von mehreren Partnern getragen wird, die sich auf Augenhöhe begegnen." Es sei der Wunsch seiner Kühne Maritime GmbH, dass "zum einen die Familie Oetker einen substanziellen Anteil an einer fusionierten Großreederei hält, zum anderen aber auch die Stadt Hamburg und die Kühne Maritime GmbH einen maßgeblichen Einfluss behalten," heißt es weiter.

Unterdessen erhielt in Hannover der neue TUI-Chef Joussen wohlwollenden, aber nicht übermäßigen Beifall von den Aktionären. Dagegen herrschte während Frenzels Rede eisiges Schweigen im Auditorium. "Die Ära Frenzel ist eine Regentschaft des Niedergangs", sagt Ingo Speich, Portfolio-Manager bei Union Investment, der am Mittwoch mehr als vier Millionen Anleger vertrat. Seit Frenzels Amtsantritt 1994 habe sich der Dax verdreifacht, die TUI-Aktie habe sich dagegen inklusive aller Dividendenzahlungen nicht bewegt.

Ein wichtiger Kritikpunkt waren aber auch Frenzels zahlreiche Strategiewechsel, bei denen während seiner Amtszeit mindestens 100 Unternehmen ge- und verkauft wurden. Zu ihnen zählt auch Hapag-Lloyd. Frenzel wollte mit dem Geschäft das Auf und Ab der Reisekonjunktur abfedern.

Weil dies nicht gelang, wurde der Hapag-Lloyd-Anteil wieder auf 22 Prozent verringert. Zwar muss die TUI die Verluste der Reederei nun nur noch zum Teil tragen. In dem Ende Dezember abgeschlossenen ersten Quartal des neuen TUI-Geschäftsjahres lagen sie aber bei 8,1 Millionen Euro und führten mit den schlechten Ergebnissen der Tourismustochter TUI Travel insgesamt zu einem Minus. Unter dem Strich stand für die TUI-Aktionäre ein Minus von 137 Millionen Euro nach 88 Millionen Euro Verlust im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz stieg um gut ein Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Im laufenden Geschäftsjahr erwartet der Konzern einen leicht steigenden Umsatz sowie ein unter dem Strich positives Ergebnis. Möglicherweise hält die TUI dann keine Reedereibeteiligung mehr. Ob die Fusionsverhandlungen das Interesse an den Hapag-Lloyd-Anteilen der TUI erhöht haben, wollte ein Sprecher nicht kommentieren.