Christoph Störmer, Hauptpastor an der Petri-Kirche, hält die Finanzierung der Volksinitiative für den Rückkauf der Energienetze für falsch.

Hamburg . Als erster Vertreter der evangelischen Kirche in Hamburg hat sich der Hauptpastor von St. Petri, Christoph Störmer, kritisch zur Beteiligung des Kirchenkreises Hamburg-Ost an der Finanzierung der Kampagne für die Volksinitiative "Unser Hamburg - unser Netz" geäußert. "Ich finde es problematisch, dass in diesem Fall Kirchensteuermittel eingesetzt werden", sagte Störmer. Grundsätzlich sei es zwar richtig, dass die Kirche sich zu Fragen positioniere, die mit der Bewahrung der Schöpfung in Zusammenhang stehen. Dazu gehöre auch, dass bestimmte kommunale Aufgaben in die Hand der Kommunen gehören und niemals hätten veräußert werden dürfen. "Aber mit der konkreten Förderung hätte sich zumindest die Kirchenkreissynode beschäftigen müssen. Da wäre der Bereich Diakonie und Bildung klüger beraten gewesen."

Die Kirche ist ebenso wie die Verbraucherzentrale in die öffentliche Kritik geraten. Politiker und Juristen bemängeln, dass ihrer Meinung nach Steuergelder zur Finanzierung von politischen Kampagnen ausgegeben werden. Die Initiative, die per Volksentscheid einen vollständigen Rückkauf der Strom- und Gasleitungen durchsetzen will, wurde in den vergangenen Jahren mit 19.500 Euro vom Kirchenkreis Hamburg-Ost gefördert. Auch die Verbraucherzentrale Hamburg, die im Jahr 2011 mit 1,804 Millionen Euro von der Stadt und 437.000 Euro vom Bund unterstützt wurde, hat der Initiative fast 10.000 Euro zukommen lassen. "Es muss jetzt geprüft werden, ob die Verbraucherzentrale damit ihren satzungsrechtlich festgeschriebenen Zweck überschritten hat", sagte Dennis Thering, verbraucherschutzpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion am Mittwoch.

Sowohl die Verbraucherschutzzentrale als auch die Kirche wehren sich gegen die Vorwürfe. "Zur Interessenvertretung der Verbraucher gehört auch die politische Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit für die Verbraucher", sagte Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale. Das Engagement für die Netzinitiative sei nicht das erste politische Engagement. Als Beispiel nannte er etwa den Aufruf der Verbraucherzentrale, Bundestagsabgeordnete anzuschreiben, um eine gesetzliche Änderung bei der Verzinsung von Lebensversicherungen zu verhindern. Zudem habe auch die Arbeit der Verbraucherzentrale dazu geführt, dass die Bürgerschaft 2006 beschlossen habe, dass die Wasserversorgung in öffentlicher Hand blieb.

Auch der Kirchenkreis Hamburg-Ost hat in der Vergangenheit immer wieder politische Initiativen finanziell unterstützt. Unter anderem bezuschusste der Bereich Diakonie und Bildung die Studie "Zukunftsfähiges Hamburg" mit etwa 10.000 Euro. Auch in eine Untersuchung der Diakonie über die Behandlung von Hartz-IV-Empfängern in Jobcentern flossen Kirchensteuern. Für dieses Jahr sieht der Etat 529.600 Euro für Erwachsenenbildung vor, in diesen Bereich fällt die Umweltbildung.

"Von dem Gesamthaushalt von 6,2 Millionen Euro fließt der allergrößte Teil in die traditionelle Kirchenarbeit. Mit 50.000 Euro werden nicht kirchliche Projekte unterstützt", sagt Bereichsleiter Theo Christiansen. "Zum Auftrag der Kirche gehört, dass wir uns zum Wohl der Stadt an Initiativen beteiligen, die wir für richtig halten. Dafür sind Kirchensteuern auch da."

Aus Sicht des Bürgerschaftsabgeordneten Walter Scheuerl droht jetzt sowohl dem Kirchenkreis Hamburg-Ost als auch der Verbraucherzentrale die Aberkennung des Steuerprivilegs. "Politische Betätigungen oder die finanzielle Unterstützung politischer Aktivitäten Dritter im Rahmen eines Volksgesetzgebungsverfahrens sind vom Gemeinnützigkeitsprivileg nicht gedeckt", sagt der Jurist, der Mitglied der CDU-Fraktion ist. Die Landeskirche verweist auf die Rechtslage. "Körperschaften öffentlichen Rechts sind nicht vergleichbar mit Vereinen", sagt der stellvertretende Sprecher der Nordkirche, Mathias Benckert.

Marcel Schweitzer, Geschäftsführer vom Bund der Steuerzahler Hamburg, verweist darauf, dass die Gemeinnützigkeit regelmäßig überprüft werde. Zu den Äußerungen von Walter Scheuerl sagt er: "So eine Forderung ist mir zu populistisch." Die Finanzbehörde äußerte sich gestern mit Hinweis auf den Datenschutz nicht zum Thema.

Auch unter Kirchenmitgliedern sorgte die kirchliche Unterstützung der Netz-Initiative für Kontroversen. "In Zeiten, in denen zu wenig Geld für Gemeindearbeit und Kirchensanierungen da ist, sollten Kirchensteuern fürs Kerngeschäft genutzt werden", sagt Reinhard Behrens, ehemals CDU-Staatsrat und in der Maria-Magdalenen-Gemeinde in Klein Borstel aktiv. Gestern Abend befasste sich der Kirchenkreisrat von Hamburg-Ost intern erneut mit dem Thema.