Der Hafenumschlag stagniert. Wirtschaft und Senat hoffen auf Elbvertiefung. Reedereien verlagern Containerverkehr teils nach Bremerhaven.

Hamburg. Die wichtigsten Einflussgrößen, die 2012 zur Stagnation des Hafenumschlags in Hamburg führten, liegen außerhalb der Hansestadt. Vor allem die Importschwäche der europäischen Volkswirtschaften für Einfuhren aus China spiegelt die Jahresbilanz des Hafens wider. Der Containerverkehr mit Hamburgs wichtigstem Partnerland China sank gegenüber 2011 um 12,3 Prozent. Hamburg ist in Europa der Haupt-Zielhafen für den Chinahandel. Der Gesamtumschlag betrug mit einem Prozent minus gut 131 Millionen Tonnen. Der für Hamburg besonders bedeutende Umschlag von Containern ging um 1,7 Prozent auf rund 8,9 Millionen Containereinheiten (TEU) zurück.

Immer deutlicher wird aber auch, dass Engpässe auf dem Seeweg den Hafenumschlag in Hamburg beeinträchtigen. Die Zahl der Großcontainerschiffe mit mehr als 10.000 Containereinheiten (TEU) Ladekapazität, die Hamburg anlaufen, ist im vergangenen Jahr auf 349 erneut gestiegen. 2011 kamen 297 der größten Containerschiffe in die Hansestadt. In den kommenden Jahren bringen Reedereien Dutzende weitere Großschiffe mit Kapazitäten von 13.000 bis mehr als 18.000 TEU auf den für Hamburg wichtigen Asienverkehren in Fahrt. Die von Gezeiten bestimmte Elbe können diese Frachter allerdings nur mit starken zeitlichen Restriktionen und mit relativ wenig Ladung befahren.

Die Hafenwirtschaft und der Senat hoffen deshalb auf einen baldigen Vollzug der geplanten Elbvertiefung und -verbreiterung. Der dafür nötige Planfeststellungsbeschluss liegt nach einer Reihe von Klagen zur Überprüfung beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das Gericht stoppte den Vollzug der Baumaßnahmen im Oktober 2012. "Wir hoffen, dass eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nach einer mündlichen Verhandlung im vierten Quartal noch in diesem Jahr fällt", sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) am Montag bei der Präsentation der Hafenjahreszahlen. Er zeigte sich überzeugt, dass Hamburg bei der jahrelangen Erarbeitung der Planfeststellung gemeinsam mit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes in Kiel alles Notwendige beigetragen habe: "Wir haben in den vergangenen Jahren mit allen Beteiligten intensiv gesprochen und Ausgleichsmaßnahmen für die Eingriffe in die Ökologie des Flusses ausgehandelt", sagte Horch. Die Zustimmung der Nachbarländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen wie auch die positive Reaktion der Brüsseler EU-Kommission stimme ihn optimistisch, dass die Planfeststellung auch vom höchsten deutschen Verwaltungsgericht bestätigt werde.

Sorge bereitet der Hamburger Hafenwirtschaft auch der schlechte Zustand des Nord-Ostsee-Kanals. Er ist die wichtigste Verbindung für die Zubringerdienste aus dem Hamburger Hafen in die Ostsee und retour. Vor allem die Schleusenbauten in Brunsbüttel und in Kiel-Holtenau, die vor 1910 gebaut worden waren, müssen dringend grundsaniert werden. In Brunsbüttel soll zur Entlastung der beiden Hauptschleusen eigens eine dritte Schleusenkammer neu gebaut werden. Seit dem ersten Spatenstich durch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) Anfang 2012 ruht das Projekt aber praktisch. Bislang wurde nicht einmal die nötige europaweite Ausschreibung für den Bau der dritten Schleusenkammer gestartet. Die Wartezeiten vor allem in Brunsbüttel steigen nach Auskunft wichtiger Kanalkunden wie der Reederei Unifeeder ständig weiter. "Das ist ein sehr ernstes Thema", sagte Horch. "Wir haben den Druck bei der Bundesregierung, die nötigen Bauarbeiten anzugehen, gemeinsam mit der Landesregierung von Schleswig-Holstein noch einmal erhöht."

Für den Hamburger Hafen zog Marketing-Chefin Claudia Roller trotz stagnierender Umschläge ein positives Fazit. Die Struktur insbesondere des Containerumschlags sei erfreulich. "Der Export in Containern ist 2012 gegenüber dem Vorjahr um 4,4 Prozent gestiegen. Das zeigt die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, aber auch die Bedeutung des Hamburger Hafens für den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland", sagte Roller. Für 2013 sei sie "vorsichtig optimistisch", nannte aber keine Prognose.

Besonders auffällig ist die Verteilung des Containerumschlags. Die HHLA, der führende Hafenkonzern in Hamburg, hält nach Abendblatt-Informationen seit Jahren fast konstant einen Umschlag von sieben Millionen TEU in der Hansestadt. Deren Konkurrent Eurogate mit Sitz in Hamburg und in Bremen hat in den vergangenen Jahren hingegen an der Elbe kontinuierlich an Umschlag verloren. Im vergangenen Jahr dürfte Eurogate in Hamburg maximal rund 1,9 Millionen TEU umgeschlagen haben - etwa eine Million TEU weniger als im Jahr 2007, dem bisherigen Rekordjahr für den Hamburger Hafen.

In Bremerhaven hingegen stieg der gesamte Containerumschlag im vergangenen Jahr um 6,3 Prozent auf 6,3 Millionen TEU - vor allem auch deshalb, weil wichtige Kunden und Partner von Eurogate ihre Containerverkehre von der Elbe an die Weser verlagert haben, wie es in der Branche heißt, allen voran die beiden weltgrößten Reedereien Mærsk und MSC. "Aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Reedereibranche hat es Umstrukturierungen und Rationalisierungen bei den Liniendiensten gegeben, was sich ausgewirkt hat", sagte eine Eurogate-Sprecherin am Montag auf Anfrage lediglich. Die Jahresumschlagzahlen für 2012 will Eurogate in Kürze vorlegen.

Wirtschaftssenator Horch und Wolfgang Hurtienne, Geschäftsführer der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority, betonten, dass der Hafen seine Leistungsfähigkeit an der Kaikante und bei der Anbindung an Schiene und Straßen weiter ausbauen wolle.