Debatte über Kirchenverkauf geht weiter. Anwohner akzeptieren neue Nutzung

Horn. Pünktlich um 12.30 Uhr versammelten sich die Mitglieder der arabischen Al-Nour-Moschee zum traditionellen Freitagsgebet. So heilig ihnen der Ort ist - sie müssen seit Jahren in einer stillgelegten, alten Garage ihr religiöses Leben pflegen. "Es ist einfach unwürdig, wenn die Gläubigen ihre Mützen und Mäntel draußen im Schnee ablegen, weil sonst kein Platz ist", kritisiert Mustafa Yoldas, der Vorsitzende der Schura. Die Organisation vertritt die Interessen von gut 80 Prozent der in Hamburg lebenden 130.000 Muslime.

Künftig aber können sich arabische Muslime aus 30 Nationen in der früheren Kapernaum-Kirche in Horn zum Gebet versammeln. Das Islamische Zentrum ist seit Kurzem Eigentümer des 2002 entwidmeten evangelischen Gotteshauses (das Hamburger Abendblatt berichtete). Wie Schura-Chef Yoldas sagte, hatten sich die Mitglieder des Al-Nour-Vereins bei den Hamburger Behörden seit Jahren um eine angemessene Immobilie bemüht. Doch offenbar reagierte die Politik allzu zögerlich. Jedenfalls sagt Mustafa Yoldas: "Wenn die bürokratischen Hürden nicht so hoch gewesen wären, hätte es bestimmt Alternativen zum Kauf einer früheren Kirche gegeben." Es habe interessante Immobilienangebote gegeben, doch das Islamische Zentrum sei nicht berücksichtigt worden.

Unterdessen geht die Debatte um die Folgen des Kirchenverkaufs weiter. Während Susanne Buhl, SPD-Abgeordnete in Hamburg-Mitte, beobachtet, dass die Anwohner diese Umnutzung "absolut akzeptieren", wird in der evangelischen Kirche offen über den Abriss von nicht mehr erhaltbaren Gotteshäusern diskutiert. Der Hamburger Propst und Präsident des Evangelischen Kirchbautages, Johann Hinrich Claussen, sagt: "Als ultima ratio ist es besser, einen Kirchenbau, den wir nicht mehr nutzen, unterhalten und finanzieren können, nach seiner Entwidmung abzureißen, als ihn an eine nicht-christliche Gemeinde zu verkaufen, die die ehemalige Kirche dann z.B. als Moschee nutzen könnte." Bereits in einer kirchlichen Rechtsverordnung vom 23. Februar 2007 heißt es in Paragraf 6: Der Abbruch einer Kirche sei zu genehmigen, "wenn eine angemessene Nutzung der Kirche dauerhaft nicht möglich erscheint". Für denkmalgeschützte Bauten gelten freilich besondere Bedingungen, aber Ausnahmefälle müssten geprüft werden.

Der Theologe beobachtet, dass gerade jene Bürger jetzt verunsichert seien, die sonst der Kirche höchst distanziert gegenüber stehen. "Vor allem diese Menschen sehen in den entwidmeten Gotteshäusern noch immer heilige Räume. Obwohl sie es nach evangelischem Verständnis nicht mehr sind." In einer kircheninternen Mail an die Kirchenparlamentarier wird derweil empfohlen, die Sorgen und Ängste ernst zu nehmen. Zugleich solle der Dialog mit den Muslimen fortgesetzt und die Situation "konsensorientiert" gestaltet werden.