Ayodele Medaiyese und Melania Sarkissian erhalten ein Bleiberecht. Härtefallkommission gegen die Abschiebung der Schüler.

Hamburg. Es gibt Tage, an denen ein Anruf das Leben verändert. An denen das Klingeln eines Telefons mehr ist als Geräusch. An denen nichts sehnsüchtiger erwartet wird als die Stimme am anderen Ende der Leitung. Für Melania Sarkissian und Ayodele Medaiyese, zwei abschiebebedrohte junge Hamburger, war gestern so ein Tag.

Melania, 18 Jahre alte Schülerin der Winterhuder Heinrich-Hertz-Schule, wartet mit ihrer Schwester Anna, 13, seit fast einem Jahr auf eine Entscheidung über ihren ungeklärten Aufenthaltsstatus. Dem gebürtigen Nigerianer Ayodele, 18 Jahre alter Elftklässler der Wilhelmsburger Nelson-Mandela-Schule und Fußballtalent des HSV, geht es nicht besser. Auch er soll abgeschoben werden. Über beide Fälle hatte das Abendblatt berichtet.

Am Morgen nun sollte die Härtefallkommission über ein Bleiberecht entscheiden. Ein einstimmiges Votum der fünf Mitglieder war nötig, nur ein Veto hätte den Traum von einer Zukunft in Deutschland platzen lassen.

Doch um 10 Uhr hatten Melania und Ayodele Gewissheit. Das Klingeln eines Telefons, am anderen Ende der Überbringer der Nachricht. Einer guten Nachricht. Die beiden bestens integrierten jungen Erwachsenen können in Hamburg bleiben. Im Amtsdeutsch heißt das dann: "Es ist ein Ersuchen ergangen. Damit hat der Senat die Möglichkeit, einen Aufenthaltstitel zu erteilen", wie der Vorsitzende der Härtefallkommission, Sören Schumacher (SPD), sagt. Den beiden Schülern wird eine "gute Integrationsperspektive" attestiert. Manchmal wiegt das schwerer als die einfache Anwendung des erstbesten Rechtsweges. Ein Aufenthaltstitel nach Paragraf 23a ist nun lediglich eine Formalie. Nur wenige Härtefälle werden derart positiv nach dem Humanitätsgrundsatz entschieden. Etwa 700 Eingaben gibt es jährlich, ein Viertel davon betrifft das Ausländerrecht, ein Bruchteil davon mündet ins Bleiben.

Dementsprechend glücklich ist Melania nun: "Endlich habe ich nach der langen Zeit des Wartens eine Perspektive und kann hier bleiben, in meiner Stadt Hamburg." Sie danke vor allem ihrer Schule, die sich mit Briefen an den Bürgermeister und Demonstrationen für sie und ihre Schwester eingesetzt hatte. "Claus Engelhardt, unser Betreuer, hat auch Großes geleistet."

Im Fall der Armenierin und ihrer Schwester waren die ungeklärte Identität und der Nachname der Familie der Kern des Streits. Die Mutter hatte angegeben, in Aserbaidschan gelebt zu haben und dort als armenische Minderheit verfolgt worden zu sein. Dies zweifelte die Hamburger Ausländerbehörde an. Sie glaubte, dass die Familie vor der Flucht in Armenien gelebt habe, und verlangte Pässe. Die konnte die Familie jedoch nie liefern.

Der Fall hatte bundesweit für Proteste gesorgt, weil die Familie 14 Jahre in Hamburg lebte und plötzlich abgeschoben werden sollte. Jetzt bekommt sie Papiere mit dem Familiennamen, den die Behörde für den richtigen hält. Die Kinder erhalten Aufenthaltsgenehmigungen, Mutter Armine lediglich eine Duldung mit Arbeitserlaubnis.

Ayodele Medaiyese lebt seit drei Jahren in der Stadt. Er war in der Schule, als ihn die erlösende Nachricht erreichte: "Wir hatten Mathe bei unserem Klassenlehrer. Er hat den Anruf bekommen und es mir sofort gesagt", erzählt er. "Die ganze Klasse hat sich mitgefreut." Nun sei er überglücklich und erleichtert, dass er in Deutschland bleiben kann. "Hier ist meine Zukunft." Auch seine Familie sei froh. Er wolle sich jetzt aufs Lernen konzentrieren - und natürlich auf den Fußball. Abends war wieder Training. "Ich bedanke mich bei allen, die mich unterstützt haben."

Mit seinem jüngeren Bruder Victor war er 2010 nach Deutschland gekommen. Ein halbes Jahr nach seinem 18. Geburtstag sollte Ayodele ausgewiesen werden - obwohl bestens integriert. Mitschüler machten sich gegen die drohende Abschiebung stark. Ihre Facebook-Seite hat mehr als 20.000 Unterstützer. Auch HSV-Spieler Dennis Aogo engagierte sich für das Talent.