Das juristische Tauziehen um einen lange verschollenen Mercedes 500 K Roadster, Baujahr 1935, endet voraussichtlich mit einem Vergleich.

Hamburg. Vielleicht ist diese Erkenntnis des Vorsitzenden Richters tatsächlich die einzige, die unter den beiden Streitparteien unstrittig ist. "Dieses Auto ist wirklich schön", sagte Carsten Beckmann, Vorsitzender des 14. Senats des Oberlandesgerichts. Weniger schön hingegen sei der Rechtsstreit um den 78 Jahre alten Oldtimer aus juristischer Sicht: Es sei ein verzwickter, außerordentlich schwieriger Fall. Sollte nach Abschluss des Verfügungsverfahrens noch in der Hauptsache über die Frage verhandelt werden müssen, wem das "schöne Auto" denn nun gehört - die Gerichte, so Beckmann, wären gewiss über Jahre damit beschäftigt.

Danach sieht es nun aber doch nicht mehr aus: Das juristische Tauziehen um einen lange verschollenen Mercedes 500 K Roadster, Baujahr 1935, kann womöglich durch einen Vergleich beigelegt werden. Beide Parteien haben sich am Dienstag grundsätzlich darauf verständigt, den zu erwartenden Erlös aus dem Verkauf der luxuriösen Karosse nach einer Quotenregelung unter sich aufzuteilen.

Der niederländische Multimillionär Frans van Haren und der ursprüngliche Eigentümer des Roadsters, die Stollberger Unternehmerfamilie Prym, beanspruchen jeweils für sich, Eigentümer des Traumautos zu sein. 1935 hatte der Industrielle Hans Friedrich Prym den Roadster für 15.000 Reichsmark gekauft. Er diente jahrelang als Firmenwagen, bis er 1945 unter mysteriösen Umständen aus einer Garage auf dem Betriebsgelände der Firma verschwand. Erst 1976 tauchte der Wagen in den USA wieder auf und wechselte danach mehrfach den Besitzer. Mitte August 2011 schließlich ersteigerte der niederländische Oldtimer-Sammler Frans von Haren den schicken Boliden in Kalifornien für 2,8 Millionen Euro. Über den Hamburger Raritätenhändler Eberhard Thiesen wiederum wollte van Haren den Roadster auf der Oldtimer Show Techno Classica in Essen für 4,9 Millionen Euro veräußern. Doch daraus wurde nichts: Der Aachener Anwalt Alexander Martius - er vertritt die Interessen von Michael Prym, Enkel des Erstbesitzers - kam dem geplanten Deal auf die Schliche und erwirkte beim Amtsgericht Essen eine einstweilige Verfügung. Seitdem steht der traumhaft schöne Wagen in einer Düsseldorfer Hochsicherheitsgarage und Oldtimerhändler Thiesen vor Gericht. Weil die Eigentumsfrage geklärt werden muss, hat Familie Prym ihn und nicht van Haren verklagt. Grund: Im juristischen Sinne besaß Thiesen das Auto während der Oldtimermesse.

Nach 70 Minuten glaubte Richter Beckmann das Thema "grob umrissen" zu haben. Eine ganze Reihe komplexer Rechtsaspekte seien in diesem Fall zu berücksichtigen - und wohl nur in einem aufwendigen Verfahren zu entwirren. Sollte keine Einigung erzielt werden können, so der Richter, seien drei zentrale Fragen zu klären: Ist der Mercedes von amerikanischen Soldaten beschlagnahmt oder gestohlen worden? Bei einer Beschlagnahmung habe Familie Prym keinen Anspruch mehr auf den Wagen. Hat der Niederländer den Wagen "gutgläubig" erworben? Dann hätte er nach deutschem Recht Chancen, das Auto zu "ersitzen." Über die Frage, ob in diesem speziellen Fall in Hinblick auf die Verjährung von Besitzansprüchen US-Recht anzuwenden sei, müsse womöglich sogar der Bundesgerichtshof befinden.

Am Ende sei ein Vergleich für beide Seiten vorteilhafter. Demnach soll das Auto versteigert werden - ein Drittel des Verkaufserlöses, der bei etwa vier bis fünf Millionen Euro liegen könnte, soll an Familie Prym gehen, zwei Drittel an den niederländischen Multimillionär. Van Haren erhalte so zumindest das Geld zurück, das er eingesetzt habe. Und für Familie Prym sei die überraschende Rückkehr des Roadster ohnehin "ein Geschenk des Himmels", sagte Beckmann. "Der Wagen war weg und abgeschrieben, jetzt ist er da. Und sie haben noch die Möglichkeit, daran zu verdienen." Bis Ende Februar haben die Parteien jetzt Zeit, sich zum Vorschlag des Gerichts zu äußern.