Eine Analyse von Christian Fitzek

Schade! Wir hatten die Spanier 50 Minuten lang hervorragend im Griff, haben die Zuschauer in der Halle ruhiggestellt und die spanischen Spieler derart beeindruckt, dass sie sich aus Respekt vor Torhüter Heinevetter kaum trauten, aus dem Rückraum, aus acht, neun Metern zu werfen. Vier schwache Minuten (50.-54.) haben uns am Ende den lange Zeit möglichen Sieg gekostet. Allerdings hatten wir bereits vor diesem Einbruch im Angriff und im Gegenstoß zu viele Chancen liegen gelassen. Beide Außen, Groetzki und Klein, haben ihre zum Teil guten Wurfmöglichkeiten diesmal zu wenig genutzt. Das kann sich kein Team gegen eine Mannschaft der Klasse Spaniens leisten. Zum Schluss fehlte in der Abwehr die Kraft, den 112-Kilo-Koloss Aguinagalde zu stoppen.

Meine Trauer hält sich jedoch in Grenzen. Diese Mannschaft hat den Handball in Deutschland wieder zum Leben erweckt, und wenn sogar die ARD ihre Institution "Tagesschau" verschiebt, kann ich nur sagen: alles richtig gemacht. Die Leistung bei dieser WM war "maximal plus zehn", hätten wir früher gesagt.

Die Grundlage für ähnliche Auftritte in den nächsten Jahren scheint gelegt, wenn man bedenkt, dass sechs Spieler des 16-Mann-Kaders vorher keine Turniererfahrung auf diesem Niveau hatten. Die haben sie jetzt, und sie haben sich von Spiel zu Spiel gesteigert. Das spricht für ihr Potenzial. Mit dem Mannheimer Linksaußen Gensheimer und dem Flensburger Halbrechten Glandorf sollten zwei Weltklassespieler dazustoßen, die diesmal aus unterschiedlichen Gründen fehlten. Künftig, da bin ich mir sicher, wird niemand mehr aus persönlichen Gründen auf eine WM oder EM verzichten. Denn diese Mannschaft macht wieder richtig Spaß.

Abendblatt-Experte Christian Fitzek, 51, spielte 109-mal für die deutsche Handball-Nationalmannschaft.