Kiel macht weitere Beteiligungen der Hamburger an Sparkassen in Schleswig-Holstein unmöglich. Gesetz diene der “Gefahrenabwehr“.

Hamburg. Die Landesregierung in Kiel blockt die Haspa ab: In dieser Woche wird das Sparkassengesetz des Landes Schleswig-Holstein geändert. Weiteren Minderheitsbeteiligungen der Haspa Finanzholding an Sparkassen im nördlichen Nachbarland wird damit ein Riegel vorgeschoben.

Offiziell richtet sich die Maßnahme allerdings nicht gegen die Hamburger Sparkasse. Der Gesetzentwurf, der am heutigen Mittwoch in erster Lesung dem Landtag vorgestellt wird, diene der "Gefahrenabwehr", sagte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner dem Abendblatt: "Wir wollen damit eine Privatisierung von Sparkassen ausschließen." Weil die Haspa von der EU nicht als öffentlich-rechtliches Institut eingestuft werde, könnten sich nach EU-Recht andere Privatbanken einklagen, wenn man der Haspa eine Beteiligung an einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse ermögliche.

Noch am Freitag soll die Gesetzesänderung verabschiedet werden. Der Grund für die Eile, mit der die Regierung in Kiel vorgeht: Aktuell liegt ein Antrag der Sparkasse Hohenwestedt auf eine Beteiligung der Haspa vor. "Mit der Änderung des Gesetzes in dieser Woche wird dies nicht mehr möglich sein", so Stegner.

Erst im Jahr 2010 hatte die vorherige schwarz-gelbe Kieler Landesregierung das entsprechende Gesetz so geändert, dass Beteiligungen von bis zu 25,1 Prozent an öffentlich-rechtlichen Sparkassen in Schleswig-Holstein auch durch Sparkassen, die nicht selbst von Städten oder Gemeinden getragen werden, erworben werden dürfen. Damit hatte man versucht, eine Regelung zu schaffen, die praktisch auf die Haspa Finanzholding zugeschnitten ist. Denn sie ist eine sogenannte freie Sparkasse; als Gesellschaft alten Hamburgischen Rechts gehört sie sich selbst.

Genützt hat der Haspa die damalige Änderung jedoch nichts. Eine geplante Minderheitsbeteiligung an der Ratzeburger Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg scheiterte im vorigen Jahr am Bundeskartellamt, ein angepeilter Einstieg bei der Sparkasse Südholstein mit Sitz in Neumünster liegt seitdem auf Eis. Zwar ist die Haspa an den vier freien Sparkassen in Bredstedt, Rendsburg, Bordesholm und Lübeck beteiligt, aber für diese gilt das Gesetz ohnehin nicht.

Ihr Engagement in Schleswig-Holstein erklärt die Haspa selbst mit ihrem Interesse an dem Wohlergehen der Marke Sparkasse in einem schwieriger werdenden Umfeld: "Die Strategie der Haspa Finanzholding ist auf einen langfristigen Erhalt selbstständiger, regional verwurzelter Sparkassen mit Entscheidungskompetenz vor Ort ausgerichtet", sagt dazu Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. Kritiker des Hamburger Instituts dagegen argwöhnen, dessen Chef Harald Vogelsang wolle schlicht den Einflussbereich ausweiten und zum Beispiel durch den Verkauf von Haspa-Produkten über die Partner von den Beteiligungen profitieren.

Im Hinblick auf die Rückänderung des Sparkassengesetzes geht ein tiefer Riss durch Schleswig-Holstein. Johannes Callsen, Chef der CDU-Landtagsfraktion, hat das von der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) betriebene Schnellverfahren als "parlamentarischen Skandal ohne Beispiel" bezeichnet: "Die Rechtfertigung der Fraktionsspitzen, ihre unerhörte Vorgehensweise sei zur Gefahrenabwehr erforderlich, ist schlichtweg lächerlich." Mögliche europarechtliche Bedenken seien schon bei der Gesetzesnovelle 2010 breit erörtert worden.

Aber auch im Sparkassenlager selbst ist man sich nicht einig. Während etwa die Institute in Ratzeburg, Neumünster und Hohenwestedt ein Engagement der Haspa begrüßen, hat sich Martin Lüdiger, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Holstein in Eutin, klar dagegen ausgesprochen, den Hamburgern ein Schlupfloch im Gesetz zu lassen. Lösungen für die "aktuellen Herausforderungen" seien auch ohne die Haspa Finanzholding möglich.

Worauf Lüdiger anspielt, ist dies: Drei der insgesamt 14 Sparkassen in Schleswig-Holstein gelten in der Branche schon jetzt als Stützungsfälle, die Hilfe von außen benötigen. Und etliche Beobachter erwarten, dass sich die Situation noch verschärft. Denn die Sparkassen haben hohe Abschreibungen auf ihre Beteiligung an der HSH Nordbank zu verkraften, während gleichzeitig die Eigenkapitalquoten aufgrund der Basel-III-Regelungen in den nächsten Jahren steigen müssen.

"Die Sparkassen brauchen Hilfe, einige dringend" - das räumt auch SPD-Fraktionschef Stegner ein. Wie diese Hilfen aussehen könnten, darüber gebe es jedoch auch innerhalb der Sparkassenfamilie noch unterschiedliche Ansichten. "Etwaigen Kapitalbedarf werden wir über die Mechanismen der SparkassenFinanzgruppe lösen", verspricht Reinhard Boll, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes für Schleswig-Holstein. Doch auch er lässt offen, wie das geschehen soll. Boll begrüßt den neuen Gesetzentwurf der Kieler Landesregierung. Es gehe darum, jedes noch so kleine Restrisiko einer Privatisierung von Sparkassen auszuschließen. Diese Position sei keinesfalls gegen die Haspa gerichtet, mit der man in einigen Geschäftsfeldern gut zusammenarbeite.

Besorgt über die Änderung zeigte sich Uli Wachholtz, Präsident des UVNord: "Da außer der geplanten Aussperrung der Haspa bis heute kein Alternativkonzept zur Zukunft der Sparkassen und der Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis vorliegt, wächst nicht nur bei mir die Sorge um die künftige Finanzierung des Rückrates der schleswig-holsteinischen Wirtschaft, des Mittelstands."