Auch das Werk auf Finkenwerder soll davon profitieren. Erstmals will der Flugzeughersteller mehr als 600 Ziviljets in einem Jahr ausliefern.

Hamburg. Von einer Wirtschaftsflaute ist mit Blick auf das Geschäft von Airbus nichts zu sehen: Nach dem Rekordjahr 2012 will der europäische Flugzeugbauer in diesem Jahr noch höher hinaus. Erst mal will das Unternehmen mehr als 600 Ziviljets ausliefern. Bei den von Firmenchef Fabrice Brégier erwarteten mehr als 700 Neubestellungen würde der Auftragsbestand, der aktuell 4682 Maschinen im Wert von umgerechnet 487 Milliarden Euro umfasst, noch weiter ausgebaut.

Damit sei die Zukunft von Airbus gut abgesichert, sagte Brégier auf der Jahrespressekonferenz in Toulouse: Selbst wenn eine weltweite Rezession die Bestellungen deutlich abbremsen sollte, seien die Werke schon auf Basis des jetzigen Orderbuchs rechnerisch für gut sieben Jahre ausgelastet. 2012 hat der Konzern die Produktion im elften Jahr in Folge gesteigert: 588 Flugzeuge wurden ausgeliefert, 2011 waren es 534. Davon gingen allein in Hamburg 265 (Vorjahr 218) Maschinen an die Kunden. "Es war ein großartiges Jahr für Airbus", sagte Brégier.

Ungewohnt ist allerdings, dass die Europäer erstmals seit neun Jahren weniger Jets fertigstellten als der Rivale Boeing aus den USA: Die Amerikaner lieferten 601 Maschinen an die Fluggesellschaften aus. Noch deutlicher ist der Rückstand von Airbus bei den Neubestellungen. Hier hatte Boeing mit 1203 zu 833 die Nase vorn. Dies beruht jedoch auf einem Nachholeffekt: Während Airbus bereits Ende 2010 den Kunden eine mit neuartigen, wesentlich sparsameren Triebwerken versehene Version der A320-Typenfamilie anbot, zog der US-Konzern erst im August 2011 mit einer Modernisierung seines Erfolgsmodells 737 nach.

Angesichts der steigenden Produktion schafft Airbus auch in diesem Jahr weitere Stellen. 3000 Neueinstellungen seien konzernweit vorgesehen, sagte Brégier, im Jahr 2012 waren es 5000. Von den insgesamt 3000 neuen Stellen werden etwa 1000 auf die deutschen Werke entfallen, erklärte Günter Butschek, Vizechef des Flugzeugbauers und Vorsitzender der Geschäftsführung von Airbus Deutschland. Wie viele es in Hamburg sein werden, stehe erst gegen Ende des Monats fest. Hinzurechnen müsse man aber positive Beschäftigungseffekte bei Zulieferern und Dienstleistern.

Das Problem mit den Haarrissen in den Tragflächen des Megajets A380 ist nach Angaben von Brégier nun gelöst. Die damit verbundene Umstellung der Fertigung auf ein anderes Material für die Klammern im Flügelinneren wirkt aber nach: Während im Jahr 2012 das selbst gesteckte Ziel von 30 Auslieferungen - vier mehr als im Vorjahr - erreicht wurde, sind für 2013 nur 25 geplant. Von 2014 an will Airbus jedoch jährlich 60 dieser hochpreisigen Flugzeuge mit zwei Passagierdecks an die Kunden ausliefern.

Dies dürfte den Umsätzen ebenso zugutekommen wie eine Preiserhöhung, die das Unternehmen am Donnerstag mitteilte: Um durchschnittlich 3,6 Prozent werden alle Airbus-Jets teurer. Ein A380 kostet seit Jahresbeginn nun knapp 404 Millionen Dollar (303 Millionen Euro). Bei Großaufträgen sind allerdings Rabatte im zweistelligen Prozentbereich üblich.

Für den neuen Hoffnungsträger von Airbus, den mittelgroßen Langstreckenjet A350, zeigte sich Butschek zuversichtlich: "Unser interner Anspruch ist, den Erstflug noch vor Beginn der Luftfahrtmesse in Paris/Le Bourget am 17. Juni zu absolvieren." Zwar sei dieser Zeitplan "extrem anspruchsvoll", aber mehrere Meilensteine in der Produktion der ersten Maschine habe man früher als geplant erreicht.

Im Hinblick auf die Probleme des A350-Konkurrenten von Boeing, des Modells 787 "Dreamliner", zeigte Butschek keine Schadenfreude. Er verwies aber darauf, dass Airbus bei der Unterbringung der Batterie im Flugzeug "dem Aspekt der Kühlung große Bedeutung beigemessen" habe. Wegen der Gefahr eines Brandes der Lithium-Ionen-Akkus muss die 787 vorläufig am Boden bleiben (siehe Bericht unten). Airbus erwartet nicht, von den Schwierigkeiten des Wettbewerbers zu profitieren. "Ich würde nicht auf die Probleme der Konkurrenz wetten, um den eigenen Erfolg zu sichern", sagte Brégier.

Zurückhaltend äußerte sich Günter Butschek zu den Forderungen von Peter Hintze (CDU), Regierungskoordinator für die Luft- und Raumfahrtindustrie. Bei zentralen Airbus-Projekten wie dem A320-Nachfolgeprogramm müsse die Verantwortung in Deutschland angesiedelt sein, hatte Hintze am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung der neuen Luftfahrtstrategie des Bundes mit Blick auf die Ansiedlung wichtiger Unternehmensfunktionen in Toulouse gesagt: "Ich finde es nicht gut, wenn bei einem europäischen Konzern alle Entwicklungszuständigkeiten außerhalb unseres schönen Landes zentralisiert werden."

Grundsätzlich begrüße Airbus die Strategie der Bundesregierung, weil sie die Bedeutung der Luftfahrtbranche für Deutschland unterstreiche, erklärte Butschek. Unstreitig sei außerdem: "Die Programmverantwortung für Flugzeuge der A320-Familie liegt heute in Deutschland, und das wird auch in Zukunft so sein." Über die Verteilung der Entwicklungskapazitäten bei künftigen Programmen müsse man sprechen. Butschek warnte aber vor einer Überbetonung nationaler Interessen: "Airbus ist nicht zuletzt deshalb so erfolgreich, weil dies ein transnationales Unternehmen ist. Dieses Modell sollte man nicht infrage stellen."