Es hat keinen Sinn, den Überbringer schlechter Nachrichten zu bestrafen, solange der tatsächlich nur der Bote ist und nicht Teil der Botschaft. Die dominierenden Rating-Agenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch allerdings haben sich seit dem Beginn der Welt-Finanzmarktkrise 2008 nie von dem Verdacht befreien können, dass sie ihren wichtigsten Markt, die USA, gnädiger bewerten als die Europäische Union und die Mitglieder der Euro-Zone. Bei den gewaltigen Anstrengungen der europäischen Staaten zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung oder ganzer Länder wie Griechenland waren die US-zentrierten Agenturen mit der Art und der Terminierung ihrer Ratings sicher nicht nur hilfreich.

Man kann Rating-Agenturen nicht verbieten, nur weil einem deren Bewertungen nicht passen. Die EU ist aber mächtig genug, um die Standards für die Erstellung von Ratings zu verändern. Die Bonitätszeugnisse der Agenturen sollen dadurch nicht willfähriger werden, sondern transparenter und verlässlicher. Sie sollen künftig ein besserer Wegweiser sein, um Auswege aus Finanzkrisen zu finden.

Vielen Kritikern gehen die jüngsten Beschlüsse des Europäischen Parlaments nicht weit genug. Ein Manko besteht ohne Zweifel: Die EU braucht eine eigene Rating-Agentur. Pläne dafür schiebt die Europäische Kommission jedoch auf die lange Bank. Dabei wäre eine unabhängige europäische Stimme bei der Bewertung der Finanzmärkte ein Gegengewicht zu den etablierten Rating-Agenturen aus der angelsächsischen Finanzkultur. Ein Korrektiv selbst dann, wenn sie in bestimmten Fällen zum selben Ergebnis käme wie Moody's und Co.