Immer mehr Ausländer wollen Hamburger werden

Natürlich ist sein Buch auch ein Bestseller geworden, weil es immer noch gravierende Probleme bei der Integration gibt. Und doch wäre es ein kapitaler Fehler, das Thema Zuwanderung stets nur durch die Berliner Schwarzseherbrille eines Thilo Sarrazin zu betrachten. Wer die Diskussion über Einwanderung auf das Klischee vom messerschwingenden Schulabbrecher aus Neukölln reduziert, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

Längst konkurrieren Staaten und Städte um die gut ausgebildeten Leistungswilligen aus aller Welt. Wir müssen den viel zitierten Kampf um die besten Köpfe endlich wirklich führen, weil wir aufgrund der demografischen Entwicklung auf Zuwanderung angewiesen sind. Dass sich selbst hoch dekorierte Professoren aus Lateinamerika, Afrika oder Asien bei Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis von deutschen Behörden noch heute bisweilen gängeln lassen müssen wie lästige Bittsteller, zeigt, dass das noch nicht alle begriffen haben.

Um dies zu ändern, gilt es erstens, sich endlich von den Überresten zweier Lebenslügen zu verabschieden. Von der konservativen, Deutschland sei kein Einwanderungsland und brauche keine Zuwanderung. Und von der linken, nach der man die Grenzen für alle und jeden öffnen müsse. Wahr ist: Wir brauchen Zuwanderung - aber vor allem die der Qualifizierten und Motivierten. Zweitens ist es bei allem Handlungsbedarf in Problemvierteln wichtig, den Fokus stärker auf die Erfolgsgeschichten der Einwanderung zu richten. Dazu zählen nicht allein die Özils und Khediras im deutschen Nationalteam. Es gehören auch die türkischstämmige Hamburger Polizistin dazu, der nigerianische Ingenieur und die afghanische Altenpflegerin.

Bürgermeister Olaf Scholz hat sich vor gut einem Jahr dieses Themas auch persönlich angenommen und wirbt seither in Briefen dafür, dass diejenigen, die längst heimisch geworden sind und ihren Beitrag leisten, auch die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen. Eine gute und eine kluge Initiative. Es ist ein Glücksfall für unsere Stadt, dass so viele Hamburger mit ausländischen Wurzeln seinem Ruf folgen und den deutschen Pass beantragen.