Ein Kommentar von Achim Leoni

Die erstaunlichste unter den vielen Meldungen, die am Dienstag unter dem Stichwort Lance Armstrong auf uns einprasselten, war die, dass Oprah Winfrey von seinen Aussagen "überrascht" gewesen sei. Das lässt zweierlei Schlüsse zu: Entweder blieb das Dopinggeständnis des gestürzten Radkönigs aus - unwahrscheinlich. Oder die US-Startalkerin ist, sagen wir, reichlich unvoreingenommen ins Gespräch gegangen. Sie hat mit ihrer Andeutung jedenfalls alles getan, um die Spannung bis zur Ausstrahlung aufrechtzuerhalten.

Nachdem wir jahrelang auf ein Geständnis warten mussten, kommt es auf die zwei Tage auch nicht an. Die entscheidende Frage bleibt also, ob Armstrong, wie die meisten seiner Beichtbrüder, nur zugegeben hat, was ohnehin nicht mehr zu leugnen war: dass nämlich seine sportlichen Erfolge auf Betrug basierten. Dann hätte er sich ein billiges Geständnis teuer bezahlen lassen. Oder ob er einen Beitrag dazu geleistet hat, dem organisierten Verbrechen im Hintergrund auf die Schliche zu kommen.

In dem Fall hätte er dem Radsport nach allem Schaden, den er ihm zugefügt hat, zumindest diesen einen Dienst erwiesen. Es wäre sogar verzeihlich, dass es Armstrong wie immer um ihn selbst ging. Er musste seine Altschuld abtragen, um wieder geschäftsfähig zu werden. Seine Glaubwürdigkeit hat er durch das Interview nicht zurückerlangt. Wäre es ihm um die Sache gegangen, hätte er seine Aussagen vor Gericht machen müssen.

Jan Ullrich war von Armstrongs Geständnis übrigens "nicht überrascht". Auf sein eigenes warten wir immer noch.