Babypausen behindern berufstätige Frauen. Mehr Männer sollten Erziehungszeit nutzen

Frauen nehmen in der Arbeitswelt einen immer größeren Stellenwert ein. Fast 72 Prozent sind heute berufstätig und damit deutlich mehr als noch zur Jahrtausendwende, als nur 63 Prozent in Lohn und Brot standen. Die Zunahme der Erwerbstätigkeit in Deutschland ist erfreulich und wichtig. Es ist ein Zeichen, dass sich Frauen jedes Alters zunehmend von der Tradition ihrer Mütter und Großmütter befreien, die oft noch von ihren Männern finanziell abhängig waren. Frauen wollen sich im Beruf verwirklichen, ihr eigenes Geld verdienen, um selbstbestimmt durchs Leben zu gehen - erst recht, wenn ihre Ehe scheitert. Der Aufwärtstrend beweist zudem, dass Frauen als Arbeitskräfte gefragt sind und einen wichtigen Beitrag zur Volkswirtschaft leisten.

Allerdings zeigen die Zahlen auch Fehlentwicklungen auf, die erst auf den zweiten Blick deutlich werden. Ein Großteil der erwerbstätigen Frauen - 46 Prozent - ist nur Teilzeit beschäftigt. Jede zweite Frau gibt dafür familiäre oder persönliche Verpflichtungen an. Teilzeit an sich ist nichts Verwerfliches. Das Problem liegt in der Bezahlung. In vielen Fällen reicht der Verdienst nicht aus, um einen Lebensunterhalt damit bestreiten oder gar eine Familie ernähren zu können. Denn viele Frauen arbeiten in eher schlechter bezahlten Berufen, nicht wenige in 400-Euro-Jobs.

Auch in Führungsetagen sind zwar mittlerweile 30 Prozent der Jobs mit Frauen besetzt, doch in Aufsichtsräten und Vorständen der großen Konzerne bilden sie noch eine verschwindende Minderheit. Bei den Gehältern klaffen erhebliche Lücken zwischen Männern und Frauen. Insofern ist die quantitativ hohe Zahl der Frauen-Erwerbstätigkeit noch kein Beweis für wahre Gleichberechtigung in der Arbeitswelt. Einiges hat sich bereits verbessert, doch es gibt noch viel zu tun.

Damit Männer und Frauen gleiche Chancen im Berufsleben erhalten, ist ein grundlegendes Umdenken in der Gesellschaft erforderlich. Insbesondere die Herren der Schöpfung müssten künftig wohl stärker für Familienangelegenheiten in die Pflicht genommen werden. Denn das größte Problem der Frauen bleibt die Nachwuchsplanung. Die Babypause wirkt bei vielen als Karrierekiller. In der Regel lastet die Kindererziehung auch heute noch hauptsächlich auf den Schultern der Frauen. 90 Prozent der erwerbstätigen Mütter bleiben mindestens ein Jahr lang nach der Geburt ihrer Kinder zu Hause. Dagegen nehmen nur 4,3 Prozent der Väter eine Auszeit, um sich um ihre Kleinen zu kümmern. Dabei beschränken die Papas ihre Babypause oft nur auf wenige Wochen oder Monate. Die Auswirkungen auf die Karriere bleiben für die Herren damit überschaubar gering.

Eine mehrjährige Auszeit der Frauen verringert dagegen nicht nur ihre Chancen auf einen Wiedereinstieg in den Job, sie geraten durch die Pause auch gehaltsmäßig ins Hintertreffen. Eine selbstverständliche, bessere Aufteilung der Erziehungszeiten zwischen den Partnern könnte Wunder bewirken. Damit sich ein gleichberechtigtes Erziehungsmodell durchsetzen kann, wären neben besseren Betreuungsangeboten für Kinder auch neue Arbeitsstrukturen in den Unternehmen notwendig. Warum wird beispielsweise Teilzeitarbeit nicht auch in Führungsetagen zur Selbstverständlichkeit? Zwei Halbtagschefs können genauso kreativ sein wie eine Vollzeitkraft. Viele Jobs ließen sich stundenweise auch zu Hause erledigen und wären ein Schritt, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Mit Fantasie und neuen Ideen lässt sich hier noch vieles bewegen. Und manch ein Vater hätte mit Sicherheit Spaß an einer längeren Erziehungszeit, wenn er danach selbstverständlich seine Karriere fortsetzen könnte. Gemischte Teams werden in Firmenstudien immer wieder als kreativer und effizienter gepriesen. Unternehmen sollten deshalb schon aus Eigennutz das Potenzial von Frauen noch stärker für ihr eigenes Vorankommen nutzen.