Initiative der Hilfsorganisation Plan engagiert sich für Schülerinnen in Tansania. Hamburger Jugendliche beteiligen sich.

Hamburg. Als Tresor noch in Afrika lebte, war er selber so einer. Machte sich mit seinen Freunden einen Spaß daraus, Mitschülerinnen zu ärgern, zu begrapschen, zu ängstigen. Wo er herkommt, gehört das zum Schulalltag. Doch was die Jungs lustig finden, ist für die Mädchen extrem belastend.

Deshalb hat das Kinderhilfswerk Plan International die Kampagne "Lernen ohne Angst" gestartet. Unterstützt wird sie vom Bund der Löwinnen, einem Bündnis von Plan und dem Musical "König der Löwen". Gemeinsam wollen sie mehr Bildung und Chancengleichheit für afrikanische Mädchen erreichen. In Tansania wurde bereits ein Mädcheninternat gebaut. "So bleibt den Schülerinnen der oft kilometerlange und gefährliche Schulweg erspart", sagt Maike Röttger von Plan. "Außerdem sind sie nicht mehr der Gewalt ihrer Mitschüler ausgesetzt." 53 Schulen in Tansania sollen so zu gewaltfreien Orten werden. Die Schüler entwickeln dort Theaterstücke zu den Themen Gewalt und Kinderrechte, Lehrer werden entsprechend geschult. Teil der Initiative ist auch ein Wettbewerb an Hamburger Schulen, der im März 2011 ausgelobt wurde. Aufgabe war auch hier, sich auf der Bühne mit der schulischen Gewalt in Afrika auseinanderzusetzen. Die Jugendlichen sollten Szenen filmen und einschicken. Vier Schulen haben sich beteiligt, den Gewinner gibt Plan Ende Januar bekannt.

Auch Tresor, der Junge aus Afrika, hat mitgemacht. Seit er vor zwei Jahren von der Elfenbeinküste nach Hamburg kam, besucht er die Stadtteilschule Barmbek - und den Theaterkurs Showteam. Tresor ist 18 und der älteste der neunköpfigen Truppe, Sally, 15, die jüngste. Sie hat bis vor vier Jahren in Ghana gelebt und weiß, wie schwer es Mädchen dort haben. Die Lehrer hätten "gegrapscht", einer habe ihre Schwester einen Liebesbrief geschrieben.

"Der Traum vom fernen Tansania" heißt das Stück, das Tresor, Sally und die anderen einstudiert haben. Die Hauptrolle spielt Karina. Sie ist Lissy, die als Austauschschülerin nach Tansania gekommen ist. Die Schule ist elf Kilometer entfernt und beginnt um halb acht. Weil kein Bus fährt, muss Lissy laufen. Einmal schläft sie im Unterricht ein. Der Lehrer schreit sie an und will mit der "respektlosen Schülerin" allein reden. "Deine Noten sind sehr schlecht", schimpft er. Dann flüstert er ihr ins Ohr: "Aber wir können sie in einem privaten Unterricht bei mir zu Hause verbessern." Als Lissy ihm entgegnet, sie wolle das nicht, droht er mit Schulverweis.

Tresor hat den Lehrer gespielt. Bei den Proben hat er sich mit seinem früheren Verhalten auseinandergesetzt. Es ist ihm unangenehm. "Was wir gemacht haben, geht gar nicht", findet der Zehntklässler. Die Bewerbung haben die Jugendlichen schon vor Wochen weggeschickt, der Einsendeschluss ist lange vorbei. Doch damit ist das Projekt für sie noch lange nicht abgeschlossen. Die Proben gehen weiter, schließlich wollen die Schüler ihr Stück im Frühjahr vor der ganzen Schule aufführen. Das Thema beschäftigt sie so sehr, dass sie ständig diskutieren. "Wir haben über die Geschichte Europas und Afrikas gesprochen, über unsere unterschiedlichen Auffassungen von Entwicklungshilfe, Korruption und darüber, dass es auch in Deutschland Gewalt an Schulen gibt", sagt Kursleiterin Maria Kowalsky.

"Lernen ohne Angst" sei eben nicht nur Thema auf den Schulhöfen in Entwicklungsländern, sagt Maike Röttger. Vielmehr profitierten von den Erfahrungen, die Plan mit dieser Kampagne mittlerweile gesammelt habe, inzwischen auch deutsche Schüler.