Hamburg ist der Hauptumschlagplatz für die gelbe Frucht. Der Obstkonzern Dole verdoppelt nun den Import in den Hafen.

Hamburg. Während Staaten mit dem Beinamen Bananenrepublik nicht wirklich stolz auf diese Bezeichnung sein dürften, kann Hamburg derzeit selbstbewusst behaupten, den Titel "deutsche Bananenhauptstadt" verdient zu haben. Der Bananenanbieter Dole hat seine Europazentrale in der Hansestadt angesiedelt. Auch die Fruchtkonzerne Chiquita und Del Monte sitzen in Hamburg. Doch Dole ist immerhin der weltgrößte Obstimporteur, der mit 59.000 Mitarbeitern in allen Teilen der Erde dafür sorgt, dass die Banane gelb, krumm und in der richtigen Größe im Supermarktregal landet. Die EU-Banane misst mindestens 14 Zentimeter, die Geschichte von den angeblich vorgegebenen Krümmungsgraden, versichert Dole-Marketingchef Xavier Roussel, sei aber nur ein Witz auf Kosten der EU-Bürokraten. "Das ist ein Märchen", sagt Roussell mit charmant französischem Akzent, als er über die Besonderheiten der gelben Vitaminbombe spricht.

Roussel kommt aus der Genießerhauptstadt Paris, hat mit seiner Familie in der Nähe des Dammtorbahnhofs eine Wohnung bezogen und fährt von dort aus täglich mit dem Fahrrad ins Büro am Stadtdeich, um die Menschen in ganz Europa mit den Südfrüchten zu versorgen. "Wir wollten näher an unserem größten Markt sein", sagt der 43-Jährige zu der Entscheidung, die Europazentrale von Antwerpen und Paris nach Hamburg zu verlegen. 23 Stellen sind durch die Zusammenlegung der Aktivitäten in der Hansestadt entstanden, insgesamt beschäftigt der Konzern nun mehr als 100 Mitarbeiter in der Verwaltung am Rande des Hafens. "Außerdem hat der Bananenhandel in Hamburg eine lange Tradition", sagt Roussel. Schließlich habe Dole schon in den 80er-Jahren in der Hansestadt die Firma Astheimer & Sohn übernommen, die bereits seit 1863 Obst importierte.

Die Bedeutung des Umschlagplatzes im Norden wird Dole jetzt auch noch erheblich stärken: Der Obstkonzern mit Hauptsitz in Los Angeles will die Menge der Bananen mit Zielhafen Hamburg 2013 verdoppeln. "So sind wir schneller bei unseren Kunden in Norddeutschland und in Dänemark", begründet Roussel die Entscheidung für Hamburg, während die Bananen für die übrigen Zielmärkte in Antwerpen ankommen. Im Anschluss an die zweiwöchige Reise im 14 Grad kühlen Schiffsbauch nach Hamburg bringen Lkw die Bananen in eine Reiferei in Stelle bei Seevetal. Hier werden sie ausgepackt und mit dem Pflanzenhormon Ethylen besprüht. Ethylen ist ein Hormon, das Früchte auch selbst produzieren, wie jeder selber testen kann: Legt man eine Banane neben eine Zitrone, die grundsätzlich viel Ethylen ausströmt, wird die Banane schneller reif. Durch diese Behandlung erwacht die Frucht auch in den über ganz Deutschland verstreuten Reifereien aus ihrem "Transportschlaf". Ein paar Tage reichen, und die grüne Frucht färbt sich in der knapp unter Zimmertemperatur beheizten Halle zur appetitlich gelben Banane.

Von diesen so genannten Dessertbananen essen die Deutschen im Schnitt zehn Kilo pro Kopf und Jahr, mit leicht steigender Tendenz. So beliebt die Frucht auch ist, die mit ihrer eigenen, praktischen Verpackung heranwächst - sie ist auch zum Symbol für die Ausbeutung der Arbeiter in den Tropen geworden. Viele von ihnen erhalten wenig Lohn, haben kaum Rechte und werden durch die Chemikalien krank, die Bananen gesund halten sollen. In einer Zeit, in der Missstände in einer globalisierten Welt und mithilfe des Internets schneller ans Licht kommen, und in einer Gesellschaft, die sich mehr und mehr auch für die Menschen interessiert, die unseren Wohlstand durch ihre Arbeit mittragen, ist an dieser Stelle Information gefragt.

Dole hat auf diesen Bewusstseinswandel reagiert. Zumal der Konzern auch im Wettbewerb stark unter Druck steht: Er ist mit seiner Premiummarke etwas teurer als der Durchschnitt, außerdem muss Dole gegen die Macht der Discounter ankämpfen, die heute jede zweite Banane verkaufen. Die Strategie: Der 1901 von James Dole gegründete Obstproduzent hat eine Nachhaltigkeitskampagne entwickelt, bei der die Verbraucher die Herkunft und den "Lebensweg" der Banane verfolgen können. Ein Aufkleber auf jeder Frucht zeigt einen Farmcode. Mithilfe dieses Codes gelangen die Kunden im Internet zu einer virtuellen Tour durch diejenige Farm, auf der die Banane gepflanzt und geerntet worden ist. Wichtigen und weniger wichtigen Fragen wie "Warum ist die Banane krumm?", Informationen über die Mitarbeiter und die Behandlung der Pflanzen nimmt sich der Konzern an. In Filmen, die direkt auf den Plantagen etwa in Kolumbien oder Ecuador gedreht wurden. "Zunächst benötigt man viel Wasser, Sonne und einen guten Boden", sagt Roussell über die Anforderungen des Anbaus der kaliumreichen Frucht. Neben diesen Grundlagen werde aber die Frage nach einer nachhaltigen Erzeugung immer wichtiger. "Wir recyceln etwa die Plastiksäcke, in denen die Bananen vor Umwelteinflüssen geschützt heranreifen."

Außerdem lerne der Konzern von seinen Biofarmen und wende Erkenntnisse aus der ökologischen Landwirtschaft auch im konventionellen Anbau an. Ein Beispiel ist der Einsatz von Nützlingen, der den Verbrauch von Pestiziden mindern kann. Den Anteil von Biobananen will Dole weiter steigern. Die Ananasplantagen des Unternehmens sind bereits Fairtrade-zertifiziert. "Es muss für uns im Grunde eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Früchte sozialverantwortlich und umweltschonend angebaut werden", fasst Roussell die Bemühungen des Lebensmittelherstellers in Sachen Nachhaltigkeit zusammen. Womöglich kann auch die Europazentrale von Dole in der Ex-Umwelthauptstadt Hamburg dazu beitragen, dass der Genuss von Bananen in Europa weniger zulasten ärmerer Länder geht.