Das Wahljahr 2013 könnte zur Renaissance der Etablierten werden

Schon oft wurde hierzulande das nahende Ende der Volksparteien verkündet. Tatsächlich scheint der Trend derzeit jedoch in eine ganz andere Richtung zu laufen. Die Union liegt in Umfragen bundesweit bei 41 Prozent, die SPD könnte immerhin wieder die 30er-Marke überwinden. Die Grünen, denen der Status der Großen nach der Fukushima-Katastrophe schon so gut wie verliehen war, sind wieder auf Normalmaß geschrumpft. Selbst in Baden-Württemberg, wo sie den Ministerpräsidenten und eine Reihe Oberbürgermeister stellen, macht sich nach den ersten Regierungserfahrungen - vor allem auch im Umgang mit dem Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 - Ernüchterung breit. Die Freien Wähler scheinen ein Phänomen auf lokaler Ebene zu bleiben.

Ganz hart aber trifft es diejenigen, die von manchen bereits als die Totengräber der Etablierten geradezu angepriesen wurden: die Piraten. Deren Höhenflug war kurz und erfolgreich, führte sie in vier Landtage. Das scheint es aber auch vorerst gewesen zu sein. In keiner Umfrage kommen sie mehr über die Fünfprozenthürde. Zu chaotisch ihre Organisation, zu egomanisch das Personal und zu verengt die Thematik. Nur mit sogenannter Netzpolitik, dem Anspruch es nun aber wirklich einmal ganz anders machen zu wollen und dem zwar erfrischenden, aber ebenso ernüchternden Eingeständnis, von den meisten Politikfeldern leider keine Ahnung zu haben, ist auf Dauer kein Staat zu machen. Eine Erfahrung, die vor ihnen schon so oder so ähnlich in Hamburg etwa die Statt- und die Schillpartei gemacht haben. Ein zündendes, die Öffentlichkeit erregendes Thema, sei es nun die innere Sicherheit, tatsächliche oder vermeintliche Demokratiedefizite oder eben ein neues Medium wie das Internet, ist schnell gefunden. Eine publikumstaugliche Führungspersönlichkeit kann die Schar der Unzufriedenen, Frustrierten und auch der gutwilligen Veränderungsbereiten sammeln und teils eindrucksvolle Wahlergebnisse erzielen. Doch dann drohen schnell die Mühen der Ebenen: vom fähigen Personal, das es zu gewinnen gilt, bis zur soliden Sacharbeit lauern jede Menge Möglichkeiten des Scheiterns.

Und die Erkenntnis, dass die gescholtenen und teils gar verachteten Etablierten doch über eine ganze Menge Potenzial verfügen - personell und inhaltlich. Ihnen ist außerdem die Fähigkeit zu eigen, Trends und Entwicklungen aufzunehmen und in praktische Politik umzusetzen. Manchmal dauert das. Im Ergebnis aber steht für viele Wähler wieder ein Angebot, mit dem sie sich identifizieren können. Für das Jahr 2013, in dem zuerst in Niedersachsen und schließlich auch noch im Bund, in Bayern und in Hessen abgestimmt wird, sieht es daher eher nach einer Renaissance der etablierten Parteien als nach unaufhaltsamem Bedeutungsschwund aus. Selbst der im Überlebenskampf geübten FDP ist der Sprung über die Fünfprozenthürde zuzutrauen. Im Wahllokal hat noch mancher kurzfristig sein Herz für die Liberalen wiederentdeckt. Denn jenseits selbstmörderischer Intrigen und zeitweiser Verengung auf Marktwirtschaft ohne fremde Zusätze verfügt die Partei über mehr Ressourcen als die Ein-Thema-Konkurrenz.

Richtig mag weiterhin sein, dass immer mehr Menschen das Engagement in Ortsvereinen der Parteien als unsexy gilt, dass sie sich - wenn schon - dann lieber für bestimmte, möglichst konkret sichtbare und kontrollierbare Projekte engagieren. Aber wenn es um das Große und Ganze geht, sind die traditionell im Bundestag und in den Landtagen vertretenen und mit Regierungserfahrung ausgestatteten Parteien immer noch die erste Adresse. Derartige Kontinuität ist vielleicht nicht besonders aufregend. Aber schlecht gefahren ist Deutschland im europäischen Vergleich mit seinen Parteien wahrlich nicht.