Pflicht zu Pünktlichkeit und Disziplin, Verbot von Handys: Das Gymnasium Hamm setzt Regeln rigoros durch - und die Schule hat dabei Erfolg.

Hamm. Die Stimmung am Gymnasium Hamm ist aufgekratzt am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien. Die Schüler laufen durcheinander, Lehrer werden freundlich gegrüßt. 700 Mädchen und Jungen aus 60 Nationen gehen hier zur Schule, auch weil das Gymnasium Vorbereitungsschule ist für Schüler, die aus dem Ausland nach Hamburg gekommen sind und zunächst intensiv Deutsch lernen müssen. Die Schule am Ebelingplatz, zwischen Hammer Steindamm und Eiffestraße gelegen, hat nicht die einfachste Schülerschaft. Der Kess-Faktor, der ihren sozialen Hintergrund beschreibt, ist niedrig. "Doch die Atmosphäre ist zugewandt und gewaltlos", sagt Schulleiter Sven Kertelhein.

Das liegt nach seiner Überzeugung auch an den strengen Regeln, die die Eltern mit einbindet. So wird jede Rangelei, jeder Streit, der während der Pause ausufert, vom Lehrer, der das Geschehen beobachtet, per Formblatt mit einer kurzen Beschreibung des Sachverhalts an die Eltern gemeldet. Das hat den Vorteil, dass sich der Pädagoge nicht lange Erklärungen anhören und den Verursacher selbst ermitteln muss. Es ist Sache der Eltern, das Verhalten zu Hause mit ihren Kindern aufzuklären. "Wenn Schulen immer mehr Erziehungsaufgaben zugeschrieben bekommen, werden die Eltern oftmals aus der Pflicht genommen", sagt Astrid Siercke, Mutter zweier Schüler. "Diesen Weg geht das Gymnasium Hamm nicht."

Astrid Siercke hat sich bewusst für diese Schule entschieden, nachdem ihr Sohn zuvor die private katholische Sankt-Ansgar-Schule besucht hatte. "Hier wird ein Miteinander vorgelebt, hier gibt es keine Randgruppen, sondern nur Kinder unter Kindern", so Siercke. Die Schule setzt auf den Dialog. "Das ist mit viel Mühe verbunden, lohnt sich aber", sagt Lars Spiegel, Abteilungsleiter für die Jahrgangsstufen fünf und sechs. Bildungsforscher befürworten ohnehin klare, transparente Regeln. So hat der Erziehungswissenschaftler John Hattie in seinem Monumentalwerk "Visible learning", für das er 50.000 internationale Studien auswertete, untersucht, was gute Schule ausmacht. Das Ergebnis, unter anderem: Unterricht, der von der ersten Minute an fürs Lernen genutzt wird, anstatt viel Zeit mit Zuspätkommern, Störungen und fehlende Materialien zu vertrödeln.

Mit der Situation an den Wilhelmsburger Stadtteilschulen, die sich kürzlich in einem Brandbrief an Schulsenator Ties Rabe gewandt hatten, sei die Lage am Gymnasium Hamm nicht zu vergleichen, weil Schüler- und Elternschaft anders seien, sagt Schulleiter Kertelhein. Regeln allein könnten den Schulen dort nicht helfen. "Aber es ist kein Geheimnis, dass klare Regeln für einen geordneten Ablauf sorgen."

Diese gibt es auch an anderen Hamburger Schulen - wenn auch in sehr unterschiedlichem Maße. An der Schule Slomannstieg auf der Veddel existiert beispielsweise seit Jahren ein Handyverbot. "Wer mit Handy erwischt wird, muss es abgeben", sagt Schulleiterin Hiltrud Kneuer. "Die Eltern müssen es später bei uns abholen." Auch auf Pünktlichkeit legt die Schule großen Wert. Um den Eltern den Ernst der Lage zu verdeutlichen, würden Gespräche geführt. Bei Schülern, die verbale oder körperliche Gewalt verüben, reagiert die Schule je nach Schweregrad. Heftige Vorfälle werden unter anderem der Schulaufsicht gemeldet, ansonsten werden die Schüler dem Bürgernahen Beamten vorgestellt. Je nach Alter müssen Schüler die Hausordnung abschreiben oder sich nach einem Streit vor der ganzen Klasse entschuldigen.

Auch an der Stadtteilschule Heidberg in Langenhorn sind Handys verboten, ebenso wie iPods und andere elektronische Geräte. So wolle man Missbrauch und Sozialneid vermeiden, sagt Schulleiterin Helga Smitz. Auch Pünktlichkeit wird eingefordert. Jeder Schultag beginnt mit einer halbstündigen "Lernzeit", die immer von denselben Lehrkräften beaufsichtigt wird. Sie merken, wenn ein Schüler oft zu spät kommt. Waren Kinder gewalttätig, müssen sie den Verlauf des Streits auf Formularen protokollieren und sich überlegen, wie sie ihr Verhalten künftig verändern wollen. Am Billstedter Kurt-Körber-Gymasium werden Regelverstöße "mit Augenmaß" verfolgt, sagt Olaf Colditz, stellvertretender Schulleiter. Auch die persönliche Situation der Schüler werde beachtet. So mache es einen Unterschied, ob sie oft zu spät kämen, weil sie kleine Geschwister versorgen müssten oder weil sie bummelten.