Studenten der Technischen Universität haben ein Roboterfahrzeug zur Erkundung des Erdtrabanten mitentwickelt.

Harburg. Die ersten Fahrten unter einigermaßen realen Bedingungen, auf einem Schlackeberg in Österreich, hat Asimov bereits klaglos absolviert. "Der Sand dort ist fast so fein wie auf dem Mond. Er klumpt nicht", sagt der Informatikstudent Henning Holm von der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH). Er ist eines von rund 100 Mitgliedern der Part-Time-Scientists (PTS) - der "Freizeitwissenschaftler" - die über den gesamten Erdball verteilt sitzen und gemeinsam an einer großen Sache werkeln: Sie müssen (und wollen) es schaffen, bis zum 31. Dezember 2015 ein Roboterfahrzeug (Rover) auf den Mond zu schießen, es dort mindestens 500 Meter fahren zu lassen und diese Momente per Livestream auf die Erde zu übertragen. Als Erfolgsprämie winken bis zu 30 Millionen US-Dollar. Für diesen "Lunar X-Preis", ausgelobt vom Internetgiganten Google, der so das Interesse der Privatwirtschaft für die kommerzielle Weltraumfahrt ankurbeln will, hatten sich seit 2007 ursprünglich 33 internationale Teams angemeldet. 24 von ihnen sind noch im Rennen, aber nur fünf haben bisher nennenswerte Ergebnisse präsentiert - unter ihnen eben auch die deutschen PTS. Die eine Hälfte der Mitglieder arbeitet bereits in Vollzeit für das Projekt, die andere opfert Woche für Woche eine Menge Freizeit für die Erfüllung ihres Traums - der Harburger Informatikstudent Henning Holm, der für die Entwicklung der Kameratechnik des Rovers mitverantwortlich ist, beispielsweise mindestens zehn Stunden pro Woche.

"In unserem Team sind vom Wissenschaftler bis hin zum Mitarbeiter eines Baumarktes sozusagen alle technischen Gewerke vertreten. Und wir haben gute Gewinnchancen, denn unser Konzept ist technisch und wirtschaftlich tragfähig", schwärmt der 30 Jahre alte Informatik-Doktorand Karsten Becker über den Asimov, der nach dem berühmten russischen Science-Fiction-Autor Isaac Asimov benannt ist. Becker ist für die elektronische Steuerung verantwortlich, und die muss wegen der extremen Temperaturschwankungen und der starken Strahlung auf der Mondoberfläche einiges aushalten können. "Es geht darum, den Rover so klein und so leicht wie möglich, aber eben auch so sinnvoll wie nötig zu bauen", sagt er. Würde Asimov, dessen Entwicklung inklusive der Materialtests in Druck- und Wärmekammern bisher rund 120.000 Euro gekostet habe, größer und schwerer werden, müsse auch die geplante Trägerrakete größer ausfallen. "Und das macht dann gleich fünf Millionen Euro mehr", seufzt Becker und lässt ein maßstabsgetreues Modell durch sein Büro an der TU Harburg sausen; eines von mehreren Rover-Modellen, mit denen er die elektronische Steuerung fortwährend testet. Der kleine, surrende Blechkasten, mit der Aufschrift "Hell Yeah, It's Rock Science", wirkt dabei so spektakulär wie ein ferngesteuertes Auto der Marke Eigenbau.

Die Transportkosten wollen sich die Russen mit 25 Millionen Euro vergüten lassen. Insgesamt dürfte eine erfolgreiche Mondmission jedoch 40 Millionen Euro kosten. Fast die gesamte Summe - auch das schreiben die Regeln des Lunar X-Preises vor - muss mithilfe von Sponsoren aufgebracht werden. Nur zehn Prozent der Gelder dürfen aus staatlichen Fördertöpfen stammen. Becker lächelt trotzdem: "Wir haben inzwischen gemerkt, dass man mit dem Satz 'Wir wollen zum Mond fliegen' bei Unternehmen nicht mehr rausgeworfen wird", sagt er. Er ist sich sicher, dass sich auch die werbetreibende Wirtschaft bald finanziell engagieren würde - ähnlich wie es Red Bull beim "Sprung aus dem All" vorgemacht haben. "50 Millionen hat das Projekt gekostet, doch die Werbeeinahmen gingen in die Milliarden", sagt er. Seine Zuversicht nimmt er aus der Tatsache, dass das Feedback des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) für den kleinen Asimov bislang außerordentlich positiv gewesen sei. "Siemens unterstützt uns beispielsweise bei der Entwicklersoftware, der Grafikkartenhersteller N-Vidia unterstützt uns ebenfalls bei der Entwicklung einer speziellen Grafikkarte für den Einsatz im strahlungsreichen Weltraum, von Liton bekommen wir die notwendigen Platinen gestellt, und seit Neuestem haben wir auch die GRW an Bord." Dieser Würzburger Spezialist für Hochpräzisionskugellager (Gebrüder Reinfurt Würzburg) will speziell entwickelte, extra angefertigte Lager zum vergünstigten Preis an die PTS abgeben. Wenn alles nach Plan läuft, wird Mondrover Asimov bereits im Frühjahr 2014 auf vier Rädern, die auf GRW-Kugellagern laufen, die Mondoberfläche erkunden. . "Selbst Kugellager, die als rostfrei angeboten werden, rosten mitunter schon, wenn man sie bloß schief ansieht. Vom sauberen Rundlauf will ich gar nicht erst reden", sagt Jürgen Brandner, Maschinenbauchef der Part-Time-Scientists. Für ihn seien gerade die Kugellager das Herzstück des Rovers und die verwendeten Schmierstoffe, die Temperaturschwankungen von 200 Grad und mehr verkraften müssten, sowieso. Der Landepunkt wurde in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt schon festgelegt. "Wir wollen in der Nähe von Apollo 17 landen und uns die Geräte mal ansehen. Mich interessiert, ob noch der Schlüssel im Apollo-Rover steckt, wie es die Nasa gerne erzählt", sagt Becker. Dann lässt er den Modell-Rover eine weitere Runde durch sein Büro drehen. Er wirkt dabei ziemlich zufrieden.