Der Junge ist endlich wieder da - aber viele Fragen bleiben

Die pure Nachricht ist uneingeschränkt gut: Jeremie ist wieder da. Endlich ist die Zeit vorbei, in der der Elfjährige über Wochen von Versteck zu Versteck gebracht wurde, um den Staat auszuhebeln. Und in der die Polizei hilflos Wohnungen durchsuchte, um doch immer wieder ohne den Jungen zurückkehren zu müssen. Es war ein für einen Rechtsstaat unwürdiges Katz-und-Maus-Spiel, das sich dort unter den Augen der erstaunten Öffentlichkeit abspielte.

Doch damit ist es auch schon vorbei mit der positiven Seite. Wie bei vielen ähnlich gelagerten Fällen zuvor wirft auch dieser Fall mehr Fragen auf, als er Antworten gibt. Darf ein Gericht, dürfen Behörden auf diese Weise mit einer Familie verhandeln, die doch ganz offensichtlich eine Kindesentziehung begangen hat? Eine "einvernehmliche Lösung" sei gefunden worden, was wohl heißt: Es wird jetzt nichts weiter geschehen. Auch das ist für den bereits erwähnten Rechtsstaat schwere Kost, denn dieser verlangt zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens zwingend das Verfolgen der zu Recht gestellten Strafanzeige.

Wer die Geschichte des Jungen genauer betrachtet, hat auch keine Zweifel mehr daran, dass ein behördliches Eingreifen notwendig und zum Wohl des Kindes war. Ob nun ein Zirkus der ideale Ausweichort war, kann gern weiter diskutiert werden. Aber eine möglichst große Distanz zu dieser Familie zu schaffen war sicherlich keine schlechte Idee. Ein zweiter Blick auf das Geschehene lässt doch ein anderes Bild davon entstehen, wer hier Täter und wer Opfer ist. Dennoch muss auch die Politik neu nachdenken. Die Höhe der Zahlungen an Pflegefamilien dieser Art erschrickt ebenso wie die bürokratischen Strukturen, in denen Millionen Euro an Haushaltsgeldern kaum nachvollziehbar verteilt werden. Die Tatsache, dass Hamburg selbst kaum eigene Betreuungsmöglichkeiten anbietet, impliziert eine Handlungsaufforderung, der der Senat schleunigst nachkommen sollte.

Zu Weihnachten sei zudem die Hoffnung erlaubt, dass es wenigstens für Jeremie noch eine positive Wendung in seinem so traurig stimmenden Leben geben wird.