Beamte im Ruhestand sollen als Ehrenamtliche helfen. Hintergrund ist Personalmangel bei der Polizei. Gewerkschaft ist empört.

Hamburg. Bei der Hamburger Polizei wird der Einsatz von Pensionären als ehrenamtliche Mitarbeiter in der Kriminalprävention, bei der Beratung von Senioren und als Mentor für noch aktive Kollegen geprüft. Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch hat die Leiter aller relevanten Dienststellen beauftragt, eventuelle Einsatzmöglichkeiten in den jeweiligen Bereichen bis zum 31. Januar zu benennen.

Angesprochen sind sowohl die Leiter der Verkehrsdirektion und des LKA sowie der Chef der Wasserschutzpolizei, der Bereitschaftspolizei und des Führungs- und Lagedienstes. Hintergrund der Offensive: die immer dünner werdende Personaldecke bei der Polizei, eine bevorstehende Pensionierungswelle und der demografische Wandel. Viele Beamte gehörten bei ihrer Pensionierung mit 60 noch lange nicht zum alten Eisen.

Doch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) kritisiert die Pläne: Zwar sei es richtig, auf Pensionäre zuzugehen, doch dürfe dies nicht dazu führen, dass Belange der inneren Sicherheit auf Ehrenamtliche abgewälzt würden.

In einem "Strategischen Impuls", der der Behördenleitung erstmals Anfang November vorgelegt wurde, werden bereits verschiedenste Einsatzmöglichkeiten für ehrenamtliche Polizeipensionäre benannt: So könnten die Senioren im Bereich der Prävention bei der Verkehrssicherheit und zur Unterstützung der Bürgernahen Beamten eingesetzt werden. Auch bei der Seniorenberatung sei der Einsatz Ehrenamtlicher denkbar, so heißt es in dem Papier. Ältere Beamte fänden leichter Zugang zu Senioren als junge Kollegen, heißt es zur Begründung. Nach dem Vorbild Bremens, wo es bereits eine Art Mentoring für noch im Dienst befindliche Polizisten durch Ehemalige gibt, könnte auch in Hamburg ein solches Betreuungsprojekt eingeführt werden.

Um geeignete Pensionäre für derartige Aufgaben zu gewinnen, sollen Mitarbeiter vor Ende ihrer Dienstzeit gezielt angesprochen, und wenn nötig, speziell geschult werden. Polizeisprecher Mirko Streiber bestätigt entsprechende Pläne: "Wir wollen jetzt im Polizeiapparat ausloten, wo es welche Einsatzmöglichkeiten geben könnte."

Man befinde sich aber noch in einem sehr frühen Stadium. Das Potenzial vieler Beamter, die sich mit 60 noch zu fit für ein Leben als Pensionär fühlten, könne an vielen Stellen gut genutzt werden, so Streiber. Bislang gibt es nur wenige Ehrenamtliche im Polizeiapparat - sie bieten Führungen durch das Polizeimuseum an.

Hintergrund der Initiative ist indes nicht nur das beschriebene, weitgehend ungenutzte Potenzial der Ex-Polizisten. Vielmehr treibt die Polizeiführung wohl auch die Sorge um die Zukunft des Sicherheitsapparats um: Die Personaldecke ist seit Jahren angespannt, in den kommenden Jahren werden überdurchschnittlich viele Polizeibeamte pensioniert, und geeigneter Nachwuchs für den Beruf des Polizisten ist immer schwieriger zu finden. An diesem Punkt setzt die Kritik des Bundes Deutscher Kriminalbeamter an. Der Hamburger Landesvorsitzende André Schulz sagte dem Abendblatt: "Grundsätzlich ist es zu befürworten, dass Pensionäre im Ehrenamt eingesetzt werden. Doch dies darf nicht mit dem Ziel geschehen, Stellen einzusparen. Lücken kann man nicht mit unbezahlten Ehrenamtlern decken. Unsere Politiker sollten sich Taschenspielertricks sparen."

Der Polizei helfe nur eine Einstellungsoffensive, so Schulz. "Die innere Sicherheit ist das Rückgrat unserer Gesellschaft. Und innere Sicherheit hat nun mal ihren Preis." Sinnvoller als die Rekrutierung für das Ehrenamt sei eine Weiterbeschäftigung verdienter Kräfte auf Honorar- oder 400-Euro-Job-Basis. Auch über die praktische Umsetzung macht Schulz sich Gedanken: "Bekommen die Pensionäre dann Uniformen als Hilfssheriffs?"

Sorgen macht sich André Schulz zudem um zwei Gesetzesinitiativen, die derzeit vom Personalamt geprüft werden: Demnach soll es mit einer Änderung im Beamtengesetz für Staatsbedienstete leichter werden, in die freie Wirtschaft zu wechseln. Geplant ist ein sogenanntes Gesetz zur Förderung der Mobilität zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft. Darin soll ein "Altersgeld" für wechselwillige Beamte vorgesehen sein. André Schulz kritisiert: "Man will Polizeibeamten mit Geld und Sonderurlaub schmackhaft machen, ihren Dienst zu quittieren und in die Wirtschaft zu gehen. Gleichzeitig will man die pensionierten Kollegen in den Polizeidienst zurückholen. Das kann doch wohl nicht ernst gemeint sein."