ADAC und Post wollen ab 2014 ein flächendeckendes Netz mit Fernbussen aufbauen. Stationen in größeren Städten geplant - auch in Hamburg.

Hamburg/Berlin. Der ADAC und die Deutsche Post wollen eine Fernbusgesellschaft gründen und damit der Deutschen Bahn und den Fluggesellschaften im Inland Konkurrenz machen. Eine neue Gesellschaft, an der der Automobilklub und die Post jeweils die Hälfte der Anteile halten, soll ab Anfang 2014 mit deutschlandweiten Verbindungen an den Start gehen. "Unser Ziel ist ein flächendeckendes Fernbusnetz in Deutschland, das alle größeren Städte anbindet", hieß es beim ADAC. "Wir wollen die Chancen der Liberalisierung des Fernbusmarktes nutzen und attraktive Alternativen zu Bahn und Flugzeug bieten."

Details zu Verbindungen und Takten würden derzeit ausgearbeitet. Mittelfristig sollen nahezu alle Städte über 150.000 Einwohner an das neue "gelbe Netz" angebunden werden, zudem sollen Knoten mit Umsteigemöglichkeiten entstehen. "Wir prüfen, die wichtigsten Metropolen mit einem neuen, schnellen und hochwertigem Busnetz zu verbinden", sagte der Hamburger Postsprecher Markus Wohsmann. Wenn das Projekt grünes Licht erhält, werde auch Hamburg angefahren.

Möglich werden die neuen Pläne von ADAC und Post durch die beschlossene Liberalisierung des Fernlinienverkehrs in Deutschland. Zu Beginn des nächsten Jahres fallen fast alle Beschränkungen im Busverkehr weg, die einst 1935 zum Schutz der Bahn im Personenbeförderungsgesetz festgeschrieben wurden. Ausnahme im größeren Stil gab es nach dem Zweiten Weltkrieg nur für Strecken von und nach West-Berlin. Das bedeutete, dass die Deutsche Bahn bislang quasi ein Fernbusmonopol in Deutschland hatte. Doch ab Januar dürfen auch Fernbusse wieder zwischen deutschen Städten pendeln.

In Hamburg starten aktuell wöchentlich rund 400 Busse in der Innenstadt vom Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) im Linienverkehr. Die meisten Busse fahren ins Ausland. Innerdeutsch wird von der Hansestadt zwölfmal täglich Berlin angefahren, zudem geht ein Nachtbus nach Mannheim. Der Geschäftsführer des Hamburger ZOB, Wolfgang Marahrens, erwartet, dass durch die Liberalisierung künftig von der Hansestadt aus täglich 150 bis 200 zusätzliche Busse starten. Zu den neuen Anbietern zählen unter anderen die Unternehmen Deutsche Touring, Mein Fernbus und DeinBus.de.

Der Anstoß für das neue Gemeinschaftsprojekt mit dem ADAC kam von der Deutschen Post. Diese hatte die in Deutschland "Kraftpost" genannten Busse ab den 1970er-Jahren nach und nach in die Hände des Staatsunternehmens Deutsche Bahn gelegt. Doch aufgrund der Liberalisierung des Fernbusmarktes war beim Bonner Konzern das Interesse am Busgeschäft zurückgekehrt. Als Experten für die Auto- und Bussparte lag wiederum der ADAC als Partner nahe, hieß es.

"Die Zeit ist reif für eine preisgünstige, sichere und komfortable Mobilitätsalternative", sagte Jürgen Gerdes, Konzernvorstand Brief bei der Deutschen Post DHL. "Dass wir dafür einen so renommierten und in Mobilitätsfragen erfahrenen Partner wie den ADAC gewinnen konnten, freut uns umso mehr." Der Vorsitzende der Geschäftsführung des ADAC, Karl Obermair, bezeichnet die Liberalisierung des deutschen Fernbusmarktes als eine der wichtigsten verkehrsinfrastrukturellen Zäsuren der vergangenen Jahre. Für die individuelle Mobilität der Bürger ergäben sich mit einem attraktiven Fernbusnetz künftig neue, vor allem preisgünstige Alternativen zu Pkw, Zügen und Flugzeugen. In der Regel kosten Bustickets etwa ein Drittel des Normaltarifs der Deutschen Bahn.

Die gelben Busse waren in der Bundesrepublik lange ein Verkehrsmittel für Millionen Menschen. Auch mit Beginn des Ausstiegs der Post beim Busreisedienst zogen die Passagierzahlen weiter an. 1974 war mit 435 Millionen Fahrgästen die höchste Beförderungszahl in den 80 Jahren des Bestehens der Postbusgesellschaft erreicht. Ziel der Vereinigung war es, den öffentlichen Personennahverkehr mit Bussen wirtschaftlicher zu betreiben und bedarfsgerecht auszubauen.

Mit der Postreform 1995 endete die Ära der gelben Busse in Deutschland, die zehn Jahre zuvor mit der Übergabe der letzten gelben Postomnibusse für die Öffentlichkeit sichtbar auf ihr Ende zusteuerte. Die letzten von der Bundespost in den 1980er-Jahren beschafften Fahrzeuge waren noch bis in die 1990er bei den Nachfolgeunternehmen im Einsatz. Postbusse gibt es bis heute in Österreich und in der Schweiz.

Wo die neue Gesellschaft von ADAC und Post ihren Sitz haben wird, ist noch nicht klar, genauso wenig wie die Marke, unter der die Busse fahren werden. "Gehen Sie davon aus, dass auch diese Busse gelb sein werden und den Schriftzug der Post und des ADAC gut sichtbar tragen", sagte ein Projektbeteiligter. Angesichts ihres Kundenstamms erhoffen sich ADAC und Post eine große Reichweite. Fahrkarten und Service soll es unter anderem in ihren Filialen geben. Der Automobilklub setzt auch auf seine 18,4 Millionen Mitglieder. Rund 200 bis 500 Busse sollen angeschafft werden, das Investitionsvolumen für das Fernbusprojekt liegt für den ADAC und die Post bei einem mittleren zweistelligen Millionenbereich.

Auf die neue Konkurrenz stellt sich die Bahn nur langsam ein. Bislang, so hieß es beim DB-Konzern, sei keine Ausweitung des Busgeschäfts geplant. Das galt zumindest bis zur Ankündigung von ADAC und Post.