Blankenese . Es wirkt beinahe wie ein Mantra. Eine beruhigende Konstante in seinem Leben und zugleich ein Ausdruck von Zufriedenheit mit sich selbst. "Ich als Polizist ...", sagt der Mann dann etwa. Oder: "Ich war lange genug Polizist, um zu wissen, dass man so etwas nicht darf." In diesen Momenten der Reflektion sitzt Heinz K. (Name geändert) dann ganz besonders aufrecht da. Den Rücken noch ein wenig stärker durchgedrückt, das Kinn etwas höher als sonst, die Stimme noch eine Spur getragener. Kein Zweifel, der 74-Jährige ist stolz auf seine frühere Karriere, zu Recht. Umso mehr wirkt der Eindruck, den er an einem Sommertag im vergangenen Jahr abgab, wie ein dramatisches Zerrbild seines Selbstverständnisses, ein krasser Gegensatz zu seinen Anforderungen an Korrektheit und Souveränität.

Denn da saß er nun am Steuer seines Wagens, in falscher Richtung in einer Einbahnstraße, und wirkte "verwirrt und hilflos, wie ein alter Mann, der nicht mehr weiter weiß", wie ein Zeuge es beschreibt. Und dann waren da seine glasigen Augen und die schleppende Sprache, die auch anderen auffiel. Wirkt so ein Mann, der gerade mal zwei Schlucke Cognac genossen hat? Oder sind die Ausfallerscheinungen Folge ausgiebigeren Alkoholkonsums? Denn davon geht die Staatsanwaltschaft aus, die Heinz K. wegen Trunkenheit am Steuer angeklagt hat, weil er an jenem Tag unter Alkoholeinfluss Auto gefahren sei, dabei mehrere Menschen gefährdet und schließlich einen Verkehrsunfall verursacht habe.

"Das ist das Schlimme. Ich weiß davon nichts", beginnt der Angeklagte vor dem Amtsgericht seine Aussage, ein athletisch wirkender Mann mit grau meliertem Haar. Vorgeschichte der Misere sei ein schwerer Wasserschaden in seiner Wohnung, bei dem der Beton völlig durchnässt wurde und über Monate mehrere Spezialgeräte aufgestellt waren, die die Wohnung trocknen sollten. "Die waren so laut, dass ich nicht schlafen konnte." Eines Abends habe er dann ein wenig Cognac probiert, um zur Ruhe zu kommen. "Das hat geklappt." Zwei Schlucke seien seine übliche abendliche Dosis geworden. "Ich habe nie morgens etwas getrunken und auch niemals daran gedacht, dass man so viel später noch etwas davon spüren könnte", betont der Hamburger. Möglich, dass eine Schlaftablette, die er zusätzlich eingenommen hatte, die Wirkung potenziert und für Ausfallerscheinungen gesorgt habe, überlegt er.

Der hohe Wert von 1,5 Promille, die eine Weile später bei ihm gemessen wurde, sei jedoch bestimmt nur Folge eines "Nachtrunks", wiegelt er ab. Denn unmittelbar nach dem Unfall sei er zu seiner Arbeitsstelle bei einer alt eingesessenen Blankeneser Familie gefahren, wo er sich seit seiner Pensionierung unter anderem um die Hunde kümmert. Bei der Arbeit angekommen, habe er "fürchterlichen Durst verspürt" und deshalb wohl etwa einen Dreiviertelliter von einem Rosewein getrunken, der dort auf dem Grundstück in einer separaten Wohnung gestanden habe. "Ich würde mich niemals betrunken ans Steuer setzen", betont er immer wieder.

Doch Zeugen haben Heinz K. ganz anders erlebt. Ganz anders. Eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen je 50 Euro verhängt der Amtsrichter schließlich. Fakt sei, dass der Angeklagte zu viel Alkohol im Blut hatte und nicht hätte Auto fahren dürfen. Zudem müsse der 74-Jährige, der schon elf Monate lang seinen Führerschein hatte abgeben müssen, weitere drei Monate auf die Fahrerlaubnis verzichten. "Noch drei Monate?" murrt der Angeklagte. Mit Unschuldsmiene.