Günstige Poolregelung wird von diesem Jahr an nicht mehr akzeptiert. Belastungen von Hunderten Millionen Euro werden befürchtet.

Hamburg. Auf die deutschen Charterreeder, die Vermieter von Schiffen, kommen mitten in der Branchenkrise massive Mehrbelastungen zu. Der Gemeinschaftsbetrieb von Schiffen in sogenannten Pools soll von diesem Jahr an und auch rückwirkend mit einer Versicherungssteuer belegt werden. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hat die neue Form der Besteuerung am Freitag scharf kritisiert. Dies sei ein "unglaublicher Vorgang", sagte VDR-Präsident Michael Behrendt bei der Jahrespressekonferenz des Verbandes in Hamburg: "Für viele Charterreeder geht es 2013 um die Existenz."

Charterreedereien, die Schiffspools betreiben, haben in den vergangenen Wochen ungewohnte Steuerbescheide erhalten. Nach Auffassung des Bundeszentralamts für Steuern müssen die Pools anders behandelt werden als bislang. Der VDR habe sich mit seiner Sicht im Finanzministerium nicht durchsetzen können, sagte Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbands. "Wenn das bezahlt werden muss, werden wir noch mehr Insolvenzen bekommen", sagte Nagel. Mehr als 100 Schiffsgesellschaften haben während der Schifffahrtskrise in den vergangenen zwei Jahren aus verschiedenen Gründen bereits Insolvenz angemeldet. Die neue Besteuerung verschärft die Lage zusätzlich.

"Das Bundeszentralamt erkennt in der Bündelung von Schiffen in Pools nun eine klassische Versicherungsleistung, die Gesellschaften werden behandelt wie Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit", sagte Behrendt. Es seien bereits Steuerbescheide rückwirkend für die vergangenen sieben Jahre ergangen. Die Charterreeder bündeln Schiffe in Pools, um schwächere und stärkere Erträge einzelner Frachter besser ausgleichen zu können. Dies ist international üblich. Mit dem neuen Ansatz des Bundes werden nun 19 Prozent Versicherungssteuern auf die Umsätze fällig. "Für einzelne größere Pools bedeutet das Nachzahlungen von zehn bis 15 Millionen Euro", sagte Behrendt. "Insgesamt geht es hier um Hunderte Millionen Euro an Steueraufkommen."

Üblicherweise werden Schiffe in Deutschland pauschal mit einem geringen Satz in Form der sogenannten Tonnagesteuer besteuert. Die Charterreederei ist die in Deutschland wichtigste Form des Schifffahrtsunternehmens. Mehr als 400 überwiegend mittelständische Firmen vermieten vor allem Containerfrachter an Linienreedereien wie Hapag-Lloyd und Hamburg Süd, aber auch an die meisten anderen international tätigen Linienreedereien wie Mærsk, CMA CGM oder MSC. Deutsche Reeder dirigieren rund 1700 Containerfrachter, etwa ein Drittel der weltweit tätigen Containerschiffsflotte. Hamburg ist international der wichtigste Standort für Charterreedereien, die Containerschiffe vermieten.

Die Schifffahrtsbranche leidet seit 2009 - mit einer kurzen Unterbrechung 2010 - unter einer handfesten Krise. Besonders trifft das die Charterreedereien. "Zusätzlich zu den niedrigen Charterraten kommt jetzt noch ein existenzbedrohender Mangel an Fremdkapital", sagte Behrendt. "Mit dem dauerhaften Rückzug wichtiger Schiffsbanken wird der Charterbranche praktisch der Stecker herausgezogen." Die Commerzbank will sich in den kommenden Jahren ganz aus der Schiffsfinanzierung zurückziehen, die weltgrößte Schiffsbank HSH Nordbank baut einen großen Teil ihres Kreditportfolios für Frachter und Tanker ab.

Der VDR drängt bei der Bundesregierung in Berlin seit Monaten darauf, dass die staatliche KfW-Bank Kredite für Schiffe mit guten wirtschaftlichen Aussichten übernimmt, die von den Geschäftsbanken nicht verlängert werden soll. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt das bislang jedoch ab. "Hier geht es um einen begrenzten, befristeten und rückzahlbaren Einsatz der KfW", sagte Behrendt. "Mit Subventionen hat das nichts zu tun."