Die Härtefallkommission entscheidet im Sinne der gut integrierten Familie aus Honduras. Sie darf jetzt doch in Hamburg bleiben.

Rotherbaum . "Ist o. k." Zwei Worte nur, die ihre Zukunft bestimmen. Es dauert einen Moment, bis bei Fabiola ankommt, was die Rechtsanwältin da gerade gesagt hat. So groß war die Anspannung, so lange hat sie gezittert und gehofft. Ganz langsam weicht die Versteinerung aus ihrem Gesicht, ein kleines, halb verunglücktes Lächeln. Suchend schaut sie sich um. Wo ist die Mutter, wo die Schwestern? Dann stehen sie zusammen, halten sich an den Händen. Die Entscheidung ist gefallen. Familie Cruz wird doch nicht abgeschoben. Sie darf bleiben. Jetzt kommen die Tränen. Und später auch die Freude.

"Es ist unglaublich, ich kann es noch gar nicht fassen", sagt Fabiola. Sie lacht und weint gleichzeitig, alle wollen sie umarmen. Es ist kurz nach neun Uhr. Vor der Jurte auf dem Uni-Campus, in der Pfadfinder seit Tagen ausharren und Mahnwache halten, haben sie sich versammelt - und gewartet. Einige Hundert Meter Luftlinie entfernt vom Rathaus, wo die Härtefallkommission tagt. Viele Freunde sind gekommen, Klassenkameraden, Lehrer. Trotz der Eiseskälte, trotz des Schnees. Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Handys klingeln. Und die Stimmen klingen vor Erleichterung ganz hell. Gabriela Cruz und ihren Töchtern Fabiola, Andrea und Maria drohte die Ausweisung. Die Härtefallkommission war die letzte Chance.

Die äußert sich nicht dazu, aber fest steht: Das Votum muss schnell gefallen sein an diesem Nikolausmorgen. Die Familie aus Honduras gilt als bestens integriert. Fabiola ist auf dem Weg zum Abitur, die zwölfjährige Maria und die 13-jährige Andrea sind gute Schülerinnen und engagieren sich bei den Pfadfindern. Weil sie aber sechs Jahre illegal in Hamburg gelebt hatten, lehnte die Ausländerbehörde ihren Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung ab. Derzeit haben sie eine Duldung, die im März ausläuft. Jetzt beschlossen die Kommissionsmitglieder, ein Ersuchen an den Senat zu stellen, den drei Mädchen Aufenthaltsrecht zu gewähren. Weil die beiden jüngeren noch minderjährig sind, darf auch die Mutter bleiben.

Vor einigen Wochen hatte Innensenator Michael Neumann (SPD) angekündigt, der Entscheidung der Härtefallkommission zu folgen. Auch wenn die Regelungen im Aufenthaltsrecht für junge Zuwanderer vereinfacht wurden, blieb für die Familie nur dieser Weg. Flüchtlingsorganisationen und Politiker fordern deshalb ein Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche unabhängig davon, wie sie ins Land gekommen sind.

Für Fabiola und ihre Schwestern gibt ein Happy End. "Ich freue mich so sehr, dass meine Kinder eine bessere Zukunft in Hamburg haben", sagt Gabriela Cruz und bedankt sich bei allen, die sie in den vergangenen Wochen unterstützt haben. Der Fall hatte eine Welle der Solidarität ausgelöst. Vor allem die beiden Schulen der Mädchen, die Max-Brauer-Schule und die Stadtteilschule Winterhude, hatten sich für ein Bleiberecht eingesetzt. Die Schüler schrieben Briefe, sammelten mehrere Tausend Unterschriften, veranstalteten Benefiz-Konzerte. Auf Facebook gibt es eine Seite "Fabiola muss bleiben". Erst vor wenigen Tagen demonstrierten 1000 Menschen in der Innenstadt. "Es ist gut ausgegangen. Das ist jetzt Glücksgefühl pur und auch ein bisschen Stolz. Jede Aktion hat sich gelohnt", sagen die Freundinnen Ella und Laura. Ein bisschen wirkt es, als könnten auch sie es noch gar nicht glauben. Viel geschlafen hat in den vergangenen Tagen kaum jemand von ihnen. "Uns war wichtig zu zeigen, dass sie zu uns gehören", sagt Pfadfinderchefin Johanna Griffel, die sich auch an der Mahnwache beteiligt hatte. Aus dem Inneren der Jurte klingt jetzt eine Gitarre, einige singen leise. Andrea und Maria sind auch dabei. Einfach nur unglaublich froh seien sie, haben sie vorher gesagt. Fabiola steht noch draußen. Sechs Jahre habe sie auf diesen Moment gewartet, sagt die 18-Jährige. Endlich ist es so weit, sie bekomme eine Aufenthaltserlaubnis. "Es ist nur ein Papier, aber für mich bedeutet es die Freiheit." Immer noch kommen Freunde, um sich mit ihr und ihrer Familie zu freuen. Auch Lehrerin Marianne Kerkmann ist dabei. Eigentlich hätten die Zweitklässler jetzt Religionsunterricht bei ihr. Es gehe gerade um die Frage, was ist der Mensch, sagt sie. "Aber das kann man ja auch mal praktisch behandeln." Und was wünscht sich Fabiola? "Ich möchte ein normales Leben führen, ohne mich verstecken zu müssen." Ein Leben, in dem die größte Sorge die nächste Klausur ist. Fabiola will ein gutes Abitur machen. Das hat Priorität. Über ihre Zukunftspläne hat sie einmal gesagt, dass sie Jura studieren möchte.