Oberhaupt der Glaubensgemeinschaft Ahmadiyya weiht nach Umbau eine der größten Moscheen der Stadt ein. Die Minarette sind aus Styropor.

Schnelsen. Die Minarette ragen 14 Meter hoch in den Dezemberhimmel. Die strahlend weiße Fassade schmückt eine stilisierte Kuppel, darüber arabische Schriftzeichen. Und eine deutsche Übersetzung: "Niemand ist anbetungswürdig außer Allah." Keine Frage, das Gebäude fällt auf - in Schnelsen zwischen Einfamilienhäusern und AKN-Station. Früher war es eine Metallfabrik. Dass darin seit Jahren gebetet wird, wusste kaum jemand. "Wir wollten uns zeigen, raus aus dem Image der Hinterhofmoschee", sagt Zahoor Ahmed, Hamburger Vorsitzender der muslimischen Glaubensgemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ). Neun Monate wurde gebaut, jetzt ist die Bait-ul-Rasheed-Moschee auch äußerlich zu erkennen - als eine der größten Moscheen der Stadt. Heute Abend wird sie eingeweiht.

Die Anhänger der Ahmadiyya treten für einen liberalen, weltoffenen Islam ein. Gewalt lehnen sie ab. Was die wenigsten wissen: Die Reformgemeinde hat eine lange Geschichte in der Hansestadt. In Stellingen wurde bereits 1957 die Fazle-Omar-Moschee eröffnet. Sie ist die älteste Moschee in Hamburg und die zweitälteste in Deutschland. "Sie war aber zu klein geworden", sagt Imam Laeeq Ahmad Munir. Derzeit gibt es in Hamburg 2300 Mitglieder, viele haben pakistanische, indische oder afghanische Wurzeln. Die meisten sind deutsche Staatsbürger.

In Schnelsen bezog die Ahmadiyya-Gemeinde 1994 das leer stehende Fabrikgebäude, das Platz für 400 Gläubige bietet. Im großen Saal hängt ein Plakat "Liebe für alle, Hass für keinen". Es gibt einen Gebetsraum für Männer und einen für Frauen. Eine kleine Bibliothek und Büros. Nach der Rundumerneuerung außen soll auch der Innenbereich in den nächsten Jahren renoviert werden. 50 000 Euro hat das Projekt bislang gekostet, finanziert aus Spendengeldern. Der Umbau ist Teil eines 100-Moscheen-Programms, das die muslimische Gemeinschaft für Deutschland ausgerufen hat.

Das Besondere: Es gibt keine Proteste. Während etwa die Pläne für einen Moscheeneubau samt Minaretten im Einwandererstadtteil Billstedt im vergangenen Jahr heftig kritisiert worden war, in Rendsburg, Köln oder Berlin Anwohner auf die Straße gingen und Bürgerinitiativen gründeten, verlief die Bauphase in Schnelsen völlig unaufgeregt. "Bei uns war das kein Thema", sagt der Vorsitzende des Bürgervereins Hoheluft-Großlokstedt von 1896, Roland Heintze. Bürgervereine, so der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete, seien ja immer auch Seismografen für die Stimmung im Stadtteil. "Das spricht für Akzeptanz des Moscheebaus oder für Desinteresse." Viele Informationen gab es vorher jedenfalls nicht. "Wir sind nicht miteinander im Gespräch", sagt der für den evangelischen Kirchenkreis-West zuständige Propst, Karl-Heinrich Melzer. Auch mit der Kirchengemeinde Schnelsen gibt es "keine aktive Zusammenarbeit", so Pastorin Katja Richter.

"Mich stört die Moschee nicht", sagt Nachbar Ingo Wiedenroth. "Die verhalten sich ja sehr ruhig." Nur beim Freitagsgebet sei der Andrang manchmal so groß, dass die Autos auf der Straße parkten. "Aber protestieren würde ich nur, wenn sie einen Gebetsruf einrichten würden", sagt der Rentner. In der letzten Zeit hatte sich die Ahmadiyya-Gemeinde mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen zu Wort gemeldet. Vor zwei Jahren starteten die Muslime eine Plakatkampagne in Hamburg, um über den Islam aufzuklären und Vorurteile abzubauen. Erst vor einigen Wochen pflanzten sie gemeinsam mit dem Wandsbeker Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhof (SPD) eine Esskastanie als Symbol für Frieden und Miteinander. Man wolle sich, so der Vorsitzende Ahmed, auch darum bemühen, dem gerade geschlossenen Staatsvertrag der Stadt mit den Muslimen beizutreten. Ganz wichtig ist ihm: "Die Moschee in Schnelsen soll für alle offen sein."

Noch versperrt ein hoher Metallzaun den Zugang. Vorsichtsmaßnahmen für den hohen Besuch. Zur Einweihung der Minarette heute Abend hat sich das Oberhaupt der Gemeinschaft angekündigt, Seine Heiligkeit Mirza Masroor Ahmad. Der Muslimführer ist weltweit unterwegs, um für den Frieden zwischen dem Islam und der westlichen Welt zu werben. Deshalb befindet er sich in einer Gefährdungslage. Auch wenn der fünfte Kalif des Islam, so die offizielle Bezeichnung, nach Schnelsen kommt, hat er seine Bodyguards dabei. Sprechen will er über die Rolle des Islam und der Moscheen für eine offene Gesellschaft. Angesagt haben sich Mitglieder der Bürgerschaft, des Bundestags und des Konsularischen Korps. Schon seit Tagen fährt die Polizei verstärkt Streife. "Das ist danach vorbei", versichert Imam Munir. In Hamburg gebe es keine Feindseligkeiten. Man sei um gute Nachbarschaft bemüht. Auch ein Gebetsruf ist nicht geplant. Es wäre wahrscheinlich auch schwierig. Die neuen Minarette haben zwar einen Metallkern, sind aber aus Styropor.