Viele Menschen halten Computerspieler für unsozial und weltfremd. Vier Jungen widersprechen

15 Uhr. Wache gerade auf, erst mal 'ne Tasse Kaffee und 'ne Runde "World of Warcraft". Halbe Stunde später. Ein Kumpel ruft an und fragt, ob wir mal wieder zum Fußballplatz gehen wollen. Ich antworte emotionslos "Nein" wie bei fast allen Fragen, die nichts mit meinem Computerspiel zu tun haben. Stunden später stolpere ich auf dem Weg zum Klo über meine gestapelten Pizzakartons. Als ich wieder vor meinem PC sitze, kratzt es mich am Kopf. Kein Wunder, ich sollte mal wieder duschen. Aber dann fehlt mir wichtige Zeit, meinen Helden zu verbessern. Ich vertage es einfach auf morgen. Plötzlich überfällt mich der Hunger. Ich schiebe eine Pizza in den Ofen. Während des Wartens gehe ich in den virtuellen Wald und versuche möglichst viele virtuelle Tiere zu töten, um mir etwas virtuelles Extragold zu verdienen, dann kann ich mir ein neues virtuelles Schwert kaufen. Damit habe ich eine kleine Chance, gegen die anderen zwölf Millionen WoW-Spieler. Ich logg mich ein bei Counter-Strike. Warum lädt es schon wieder so lange ? Arrgh! Ich wähl die Anti-Terror-Einheit. Die Runde beginnt. Ein Kill, ein zweiter Kill, ein Kopfschuss! Im Chat werde ich auf übelste Weise gedemütigt und als Neuling beleidigt. Ich raste mal wieder aus, und darunter muss meine Tastatur leiden. Am Anfang der nächsten Runde möchte ich mir neue Waffen kaufen, doch die B-Taste funktioniert nicht mehr. Wütend werfe ich meine Tastatur gegen die Wand und hole meine Pizza aus dem Ofen. Die Tasten sind auf dem Boden verteilt, so wie meine zerknitterten und mit Cola durchnässten Schulunterlagen. Hausaufgaben? Keine Zeit. Verzweifelt versuche ich, die Tastatur zu reparieren. Es gelingt mir nicht. Ich durchsuche das Zimmer meiner Mutter nach Geld, um mich gleich auf den Weg zum nächsten Elektronikfachgeschäft zu machen. Ich ziehe meine abgetragene Winterjacke und meine dreckigen Sportschuhe an, denn, was meine Mitmenschen von mir halten, interessiert mich kein bisschen. Als ich im Geschäft ankomme, gehe ich Richtung Tastaturen und Mäuse. Als ein circa 18 Jahre junger Azubi mir freundlich entgegentritt und fragt, ob ich nach was Bestimmtem suchen würde, antworte ich genervt "Nein" und verschwende keine Zeit mit dem Austausch von Höflichkeiten. Ich entscheide mich für die mit den meisten selbst einstellbaren Tasten, da ich die für WoW brauche. Zu Hause angekommen, schließe ich meine neue Tastatur an und spiele weiter.

Denken Sie echt, dass alle Computerspieler auf diese sonderliche Weise leben? Nein, ich dusche regelmäßig - und das gerne. Meine Klamotten sind sauber, und ich achte auf mein Aussehen. Ich esse ausgewogen. Meine Schulsachen sind in bester Form, ich erledige meine Schulaufgaben und lerne für Klassenarbeiten, weil ich studieren möchte. Mein Zimmer ist aufgeräumt und gemütlich. Dazu habe ich noch etliche soziale Kontakte, mit denen ich mich in meiner Freizeit treffe und auch Fußball spielen gehe. Nur, weil ich Computer spiele, muss ich mich mit unbegründeten Vorurteilen rumschlagen.