Sanierte Hauptkirche St. Katharinen mit Gottesdienst eröffnet. Bürgermeister erheitert 1200 Besucher mit Elbphilharmonie-Vergleich.

Altstadt. "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit". Das passte perfekt. Zur Eröffnung des Festgottesdienstes erhob sich die Gemeinde und stimmte lauthals in dieses ostpreußische Kirchenlied ein: "Derhalben jauchzt, mit Freuden singt!" Denn tatsächlich war der mehr als 750 Jahre alten Hauptkirche St. Katharinen ein irdisches Wunder widerfahren. Mit 23 Millionen Euro, enormem Engagement und viel Herzblut war das Gotteshaus binnen fünf Jahren kunstvoll restauriert worden. Stil, Traditionsbewusstsein und hanseatische Würde können sich sehen lassen. Für Pomp ist kein Platz.

Umso mehr für die Menschen. Gut 1200 versammelten sich im Kirchenschiff, um Dank zu sagen und den Advent buchstäblich als Ankunft zu verstehen. "Ehre sei Gott in der Höhe", erklang es zum Auftakt einer harmonischen Zeremonie, in der nicht nur Andacht gehalten, sondern auch gelacht wurde. Und Beifall gab es ebenfalls. Für die Bauarbeiter, für die ehrenamtlichen Mitstreiter, für mehr als 2500 Spender - und ganz speziell für die Hauptpastorin und Pröpstin Ulrike Murmann. Als sie 2004 gewählt wurde, lag nur ein - in jeder Beziehung erschütterndes - Gutachten über den Bauzustand vor.

Statt Wehklagen war Anpacken Trumpf. Auch als die Sanierungsmaßnahmen immer teurer wurden und die Arbeit monatelang stillstand. "Da war die Stimmung extrem angespannt", sagte Frau Murmann in ihrer Predigt. Sie selbst gilt als Initiatorin und Motor der gesamten Aktion, war jedoch viel zu bescheiden, um diesen persönlichen Einsatz auch nur mit einem Wort zu erwähnen. Das ist hanseatische Art. Umso mehr Lob gab es für das Team und das Ergebnis. Es dominierten "noble Schlichtheit" und "ein Stolz, der nicht anmaßend sein will". Zwölf monumentale, weiß gestrichene Pfeiler stützen St. Katharinen und lenken den Blick nach oben: Unter dem Dach, dem Kirchenhimmel, funkeln 205 goldene Sterne auf blauem Grund. Und über dem Altarraum hängt der Weihnachtsstern. "Der Himmel ist über und Gott mitten unter uns", sagte Bischöfin Kirsten Fehrs. "St. Katharinen ist klüger, mutiger und schöner denn je." Dem konnte gestern keiner widersprechen. Bauleute aus 55 Gewerken hatten ganze Arbeit geleistet. Sandsteine wurden repariert, mittelalterliche Eisenanker entrostet, Zifferblätter der Turmuhr restauriert, Bodenschätze geschützt, Gewölbe gekalkt und eine Chorempore gebaut. Und in den Fugen des Turms entdeckte ein Sachverständiger Fingerabdrücke der Maurer von anno 1295. Zwar ist das Gotteshaus zwischen Innenstadt und HafenCity von Grund auf stabil errichtet, doch ließen die knappen Mittel während des Wiederaufbaus nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg kein nachhaltiges Bauen zu. "Vor einem Jahr standen wir noch zwischen Zementmischern und Baggern", sagte Hauptpastorin Ulrike Murmann, "und es ist ein Segen, dass St. Katharinen endlich wieder offen ist." 6,5 Millionen Euro zahlte der Bund dazu, 3,5 Millionen Euro die Stadt, 3,9 Millionen der Kirchenkreis Hamburg-Ost. Fast sechs Millionen Euro wurden bisher bei kleinen und großen Gönnern eingesammelt. Es hat sich bezahlt gemacht, dass die Gemeinde mit Andrea Wagener Neuland wagte und eine professionelle Unterstützerin engagierte, die ein Spendenkonzept mitentwickelte und umsetzte - finanziert von der Reemtsma-Stiftung. Rund 3,5 Millionen Euro des Sanierungsetats fehlen noch. Am 9. Juni kommenden Jahres wird die knapp drei Millionen Euro teure Orgel eingeweiht.

Feierlich wurde von der Osterkerze Licht abgenommen und in das Südschiff gebracht - dort steht eine Statue der heiligen Katharina, der Legende nach eine zypriotische Prinzessin. Im Anschluss an die Lesung des Paulus-Briefes an die Römer sangen die Besucher des Festgottesdienstes im Chor: "Halleluja!" Den kirchlichen Worten folgten die weltlichen: Nach der Predigt und besinnlichen Marimba-Tönen trat Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ans Mikrofon. Er betonte die Tradition von Bürgersinn und Bürgerstolz in der Hansestadt und bezeichnete die wiedereröffnete Kirche als "Schmuckstück Hamburgs". In Anspielung auf die Elbhilharmonie zeigte sich der Sozialdemokrat angetan von der gelungenen Vollendung des Bauprojekts: "Das liegt sicherlich an Gottes Beistand." Lachen hallte durch die Hauptkirche. Zum Schluss einer geglückten, gut 100-minütigen Zeremonie, dem Vaterunser und dem Segen erklang Johann Sebastian Bach: "Gloria sei dir gesungen." Alle Gäste stimmten freudvoll ein. Auf dem Katharinenkirchhof warteten Erbsensuppe, Plätzchen, Kaffee und Prosecco auf die Gemeinde. Der 1. Advent in St. Katharinen gab Anlass zum Feiern - und zur Stärkung.