Rabatte für Großschiffe sollen Reedereien an die Stadt binden. Fehlende Elbvertiefung erhöht den Wettbewerbsdruck der Terminalbetreiber.

Hamburg. Schneller als gedacht wird Gunther Bonz das bekommen, was er Ende Oktober gefordert hat. Die Hafengebühren für Großschiffe mit mehr als 360 Meter Länge sinken von 2013 an deutlich um bis zu 3000 Euro je Anlauf. Weitere Vergünstigungen wie etwa Nachlässe für Transitcontainer oder für Schiffe, die strengere Umweltschutznormen erfüllen, kommen hinzu. Ein solches Signal wollte der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH) senden, um die international tätigen Linienreedereien auch während der Wirtschaftskrise und angesichts des Stopps bei der Elbvertiefung an die Hansestadt zu binden.

Hamburg steht unter Druck. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte Ende Oktober den Vollzug der Elbverbreiterung und -vertiefung gestoppt, um Klagen gegen das Projekt in einem Hauptverfahren zu prüfen. Das kann bis Ende 2013 und auch länger dauern. Gleichzeitig setzen die Reedereien auf den Routen zwischen Europa und Fernost immer mehr Schiffe mit Kapazitäten von 13 000 Containereinheiten (TEU) und mehr ein, die sie bereits vor Jahren bestellt haben. Damals boomte das Containergeschäft. Die Zeiten zweistelliger Zuwachsraten im Interkontinentalverkehr sind aber einstweilen vorbei. Besonders für ihre größten Schiffe suchen die Reedereien deshalb nach den rationellsten Lösungen beim Anlauf der Häfen. Hamburg zählt in Europa unter den gegebenen Bedingungen nicht dazu.

Das wurde gestern auch bei der Konferenz "China meets Europe" in der Handelskammer deutlich. Die chinesische Großreederei China Shipping weicht mit ihren Containerriesen wegen der Verzögerungen bei der Elbvertiefung in Konkurrenzhäfen an der Nordsee aus. Frachter mit besonders großem Tiefgang müssten teilweise nach Rotterdam umgeleitet werden, sagte Konzernchef Xu Lirong bei dem Kongress. "Die Schiffe werden immer größer. Für die Wettbewerbsfähigkeit Hamburgs ist wichtig, wie tief das Wasser ist." Der Manager lobte zwar die hohe Effizienz der Hamburger Containerterminals: "Wir wollen mehr Geschäft mit Hamburg machen", sagte er. Das sei aber davon abhängig, wie gut die Schiffe den Hafen der Hansestadt erreichen könnten. China Shipping ist die erste Großreederei, die öffentlich einräumt, ihre Schiffe wegen Tiefgangsbeschränkungen nach Rotterdam umzulenken.

Die Rabatte für Großschiffe werfen die Frage auf, wer in der Hamburger Hafenwirtschaft dafür die Lasten trägt - die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) und damit indirekt die Stadt, die Terminalbetreiber mit einem eigenen Anteil oder die Stadt über den jährlichen Haushalt direkt. UVHH-Präsident Bonz hatte vorgeschlagen, Zahlungen der HPA an Umweltverbände und an die Stiftung Lebensraum Elbe so lange einzustellen, bis Klarheit über die Elbvertiefung herrscht. Damit war er in der städtischen Politik, aber teils auch bei der Hafenwirtschaft auf Ablehnung gestoßen. Nun bleibt die finanzielle Last bei der HPA hängen.

Anjes Tjarks, hafenpolitischer Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, kritisierte die Rabattaktion gestern: "Die Rabatte für Großschiffe kommen sehr überraschend. Noch am 9. November hatte der Senat mitgeteilt, dass er derzeit keinen Anlass sieht, das grundsätzlich wettbewerbsfähige Hafengeld zu rabattieren", sagte er. "Die Verquickung von Schifffahrtskrise und verzögerter Elbvertiefung ist ein billiges Ablenkungsmanöver."

Die Struktur der Hafenkosten in Hamburg unterscheidet sich von der in Rotterdam. Die Hafengebühren der Hansestadt gelten im Vergleich der Nordseehäfen als eher niedrig, die Kosten für die Abfertigung an den Terminals als eher hoch. In Rotterdam ist es umgekehrt. Für eine bessere Finanzierung der Hafen-Infrastruktur bräuchte die Hafenverwaltung HPA höhere Mieten von den Hafenunternehmen, wie sie in Rotterdam üblich sind. Dagegen aber stemmen sich die Hafenunternehmen seit Jahren. Teilweise zahlen sie für ihre Flächen nur symbolische Preise.