Test bestätigt Kapazitätsprobleme auf vielen Linien. HVV will mit mehr Zügen und Bussen die Taktungen erhöhen - damit steigen auch die Kosten

Hamburg. Berlin oder Hamburg? Egal. In Bussen und Bahnen der Großstädte ähneln sich zur Hauptverkehrszeit die Bilder: feuchter Atem an den Fensterscheiben, drückende Enge, nur Stehplätze. Die Passagierzahlen des öffentlichen Nahverkehrs steigen hier wie dort. Die Kapazitätsprobleme hat Hamburg nicht exklusiv.

Doch noch ist der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) nicht an seinen Kapazitätsgrenzen, sagt Carsten Gertz, Leiter des Instituts für Verkehrsplanung an der Technischen Universität Hamburg-Harburg. "Bei U-Bahnen und Bussen können engere Taktungen und mehr Fahrten die Schwierigkeiten lösen. Aber das bedeutet auch höhere Personalkosten und mehr Fahrzeuge." Schwieriger werde es bei der S-Bahn. Generell bestehe das Problem, dass neue Fahrzeuge sehr lange im Voraus bestellt werden müssten. Eine notwendige Takterhöhung bei der chronisch überlasteten S 3 sei deshalb nicht so schnell umzusetzen. Bei Regionalbahnen kämen noch "Trassenkonflikte" mit dem Güter- und Fernverkehr hinzu. "Deshalb sind Erweiterungen sinnvoll, etwa die S 4 Richtung Lübeck."

Ein Blick nach Berlin zeigt: andere Stadt, gleiche Probleme. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg verbucht einen ähnlich rasanten Anstieg der Fahrgastzahlen. Von 2002 bis heute stieg das Fahrgastaufkommen um gut 260 Millionen auf rund 1,4 Milliarden Kunden. Zum Vergleich: Der HVV registrierte im gleichen Zeitraum einen Anstieg von mehr als 200 Millionen Fahrgästen auf nunmehr 717 Millionen. Dem gestiegenen Bedarf soll mit einer engeren Taktung und zusätzlichen Zügen begegnet werden. Das unterscheidet beide Städte nicht. "Mit Verstärkerfahrten drücken wir die Taktung in der Hauptverkehrszeit mitunter auf drei bis vier Minuten", sagt etwa Klaus Wazlak, Sprecher der Berliner Verkehrsbetriebe. Dieses Ziel gibt auch der HVV aus. Ein Zwei-Minuten-Takt ist denkbar, dafür müssten allerdings noch technische Details geändert werden, sagt HVV-Geschäftsführer Dietrich Hartmann. Verkehrssenator Frank Horch gab die Devise aus: "Neue Linien, dichtere Takte und größere Fahrzeuge sind die Komponenten des umfassenden HVV-Maßnahmenpakets." Acht Millionen Euro pro Jahr werden allein dafür investiert.

Was die Pünktlichkeit angeht, schlagen die Kapazitätsprobleme in Hamburg und Berlin kaum durch. Die Pünktlichkeitsquote (Verspätungen von weniger als drei Minuten) lag in Hamburg im vergangenen Jahr bei der S-Bahn bei 95,41 Prozent und bei der U-Bahn bei 98,56 Prozent. In Berlin hat die U-Bahn eine Pünktlichkeitsquote von 98 Prozent, Straßenbahn und Busse liegen laut BVG wegen Baustellen bei 91 und 85 Prozent. Die Ausweitung des Netzes ist in beiden Städten schwierig und teuer. In Berlin soll bis 2019 die U 5 den Alexanderplatz und den Hauptbahnhof verbinden. Bei der S-Bahn werden dort allein im kommenden Jahr 150 Millionen Euro ins Netz und eine neue Linie gesteckt. In Hamburg wird am Donnerstag die U 4 eröffnet, gegebenenfalls bis an die Elbbrücken verlängert. Grund genug, einmal die bestehenden Strecken zu testen:

U 1, Buslinie 5

Die U 1 zwischen Norderstedt Mitte bis Ohlstedt ist an Werktagen zu den Hauptverkehrszeiten übervoll. Besonders an den Haltestellen Jungfernstieg und Stephansplatz gleicht der Einstieg dem Versuch, in eine Sardinenbüchse zu klettern. Ab 18 Uhr fährt nur jede zweite Bahn bis zur Endhaltestelle Norderstedt Mitte. Für die Busse der Linie 5 gilt zu den Hauptzeiten das Gleiche wie für die U 1: sie sind voll. Mit Blick auf die Sauberkeit lassen sich auf beiden Linien kaum Mängel erkennen. Bahnen und Busse fuhren meist pünktlich. Maximale Verspätung bei der U 1: 4 Minuten.

Buslinie 6, U 2, U 3

Morgens ist es im 6er-Bus in Richtung Hauptbahnhof kaum möglich, einen Sitzplatz zu ergattern. Doch die Taktung ist sehr gut. Alle zwei bis drei Minuten fährt ein Bus in die Innenstadt. Auch in den Abendstunden müssen Fahrgäste meist nicht länger als drei Minuten warten. U 2 und U 3 in Richtung Innenstadt sind morgens ebenfalls voll. Bei der U 3 besteht das Problem, dass dort nur Kurzzüge eingesetzt werden können. Meist kommen die Bahnen aber schneller als angezeigt. Längste Verspätung: drei Minuten bei der U3 in Richtung Barmbek.

Buslinie 3, S 1, S 11, S 2, S 21, S 3, S 31

Die S 3 Richtung Innenstadt ist stets überfüllt, erst gegen 10 Uhr gibt es Sitzplätze. Ähnlich ist es bei den S-Bahnen 21 und 31. Gut: Auf verspätete Bahnen wird gewartet, das gilt allerdings nicht für Busse. Der Metrobus 3 ist morgens und nachmittags so voll, dass Mütter mit Kinderwagen nur im Stehbereich unterkommen. Die Pünktlichkeit der Busse wird vor allem durch den "Einstieg vorn" beeinträchtigt. Im Feierabendverkehr kommt es vor, dass 20 Minuten lang gar kein Bus kommt, während gleich drei Busse kurz hintereinander folgen.