Eine Betrachtung von Karolin Jacquemain

Dass Fernsehen und Realität mitunter so viel miteinander zu tun haben wie Tütensuppe mit Sterneküche, ist nicht erst seit gestern bekannt. Nun kommt heraus (als hätten wir's nicht geahnt): Auch unser Bild vom Tod ist geschönt, wenn wir es aus Fernsehserien beziehen. Das hat die Soziologin Tina Weber herausgefunden, die untersucht hat, wie Tote in amerikanischen und deutschen Serien gezeigt werden.

Die Leiche findet sich hier wie dort, damit enden die Gemeinsamkeiten schon. Während die Kamera im US-Fernsehen den Toten unter die Haut krabbelt, wird hierzulande "fast immer nur angedeutet, wenn eine Leiche seziert wird", sagt Soziologin Weber. Kein Wunder, dass die vielleicht großartigste Serie aller Zeiten, die Bestatter-Clan-Saga "Six Feet Under", im deutschen Fernsehen abgeschmiert ist. Bei den Fishers lagen die Leichen auf dem Balsamierungstisch, als gehörten sie zur Familie. Wurden ausgestopft, rekonstruiert, geschminkt für die Angehörigen. Noch nie (und nie wieder) wurde der Tod so radikal als Teil des Lebens erzählt wie hier. So gesehen kam die ARD-Themenwoche "Leben mit dem Tod", die nun mit durchschnittlicher Anteilnahme der Zuschauer zu Ende ging, zur rechten Zeit. Schließlich konstatiert Soziologin Weber auch, "dass der Tod in natürlichen Verbindungen mit Alter, Krankheit oder Unreinheit kaum gezeigt wird". Recht hat sie. Ob man das sehen will, ist die andere Frage.