Das Ehepaar Dumke etablierte in der Rothenbaumchaussee den Verkauf von Medikamenten im Internet - und will weiter wachsen.

Hamburg. Der Laden ist voll. Unentwegt, schon mehr als eine Stunde lang an diesem Morgen. "Das ist noch gar nichts", sagt Inhaberin Birgit Dumke, "in der Mittagspause wird die Schlange von den Kassen sicher wieder bis nach draußen reichen." Der Andrang spricht auf den ersten Blick für die Filiale eines Apple-Händlers oder für den letzten Feinkostmetzger eines Stadtteils. Doch die Menschen drängen in die Apotheke am Rothenbaum.

Heute begeht das Unternehmen seinen zehnten Geburtstag. Die Belegschaft feiert nicht nur den Erfolg einer einzelnen Apotheke, sondern den eines seinerzeit neuen Geschäftskonzepts. Im November 2002 gründeten die Apothekerin Birgit Dumke, 47, und ihr Mann Jörg, 46, die Apotheke in der Rothenbaumchaussee. Sie wurde die Keimzelle des Versandhandels apo-rot, bei dem man zunächst Kosmetik und Drogerieartikel bestellen konnte und von 2004 an auch Medikamente. Der Versandhandel von apo-rot zählt mittlerweile zu den führenden deutschen Anbietern und beliefert derzeit rund 1,5 Millionen Kunden in ganz Europa.

"Wir haben unseren Versandhandel genau in dieser Filiale vor zehn Jahren aufgebaut, hier in meinem Büro haben wir Kartons gepackt und viele Nächte durchgearbeitet", sagt Dumke an ihrem Schreibtisch in einem schmalen Arbeitszimmer. Sie verantwortet die inzwischen vier Apotheken von apo-rot in Hamburg. Ihr Mann organisiert als Geschäftsführer den Versandhandel. Dessen Abläufe lassen sich längst nicht mehr in Nachtarbeit in einem Büro bewältigen. An der Bahrenfelder Gasstraße betreibt apo-rot mittlerweile ein eigenes Logistikzentrum.

Apo-rot hat mit seiner Kombination aus Filial- und Versandhandel die Reichweite der eigenen Apotheken weit über Hamburg hinaus vorangetrieben. Durch die größere Organisation und den effektiveren Einkauf kann das Unternehmen etliche Produkte und rezeptfreie Medikamente deutlich unterhalb der sonst üblichen Preise anbieten. Mit seiner Zweisäulenstrategie und mit der Anbindung von derzeit zehn Partnerapotheken in ganz Deutschland nutzt apo-rot den rechtlichen Spielraum im deutschen Apothekengeschäft so weit wie möglich aus.

Der Markt ist nach wie vor streng reglementiert, mit dem Ziel, den Patienten eine sichere Versorgung zu gewährleisten. Zwar herrscht für Apotheker Niederlassungsfreiheit und damit ein wichtiger Anreiz, im Filialgeschäft mehr Wettbewerb zu schaffen. Aber eine Apotheke darf neben dem Stammhaus nur maximal drei weitere Filialen in ihrem Einzugsgebiet betreiben, damit der Bezug zwischen Apotheker und Kunden erhalten bleibt.

"Die hohe Qualität der Arzneimittelversorgung in Deutschland soll für die Patienten ebenso gesichert werden wie der qualitätsorientierte Wettbewerb im Sinne der Apothekenkunden", sagt ein Sprecher des Dachverbands Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Zusätzliche Bewegung bringt seit 2004 der Versandhandel in den Markt. Rund 3000 der 21 200 Apotheken in Deutschland besitzen dafür eine Lizenz. Nach Angaben des Forschungsunternehmens IMS Health entfielen 2011 gut 2,8 Prozent des Apothekenumsatzes auf den Versandhandel.

In diesem Geschäft gibt es nach wie vor viel Potenzial für Wachstum, und apo-rot will es erschließen. Für das Filialgeschäft hingegen denkt Birgit Dumke nach wie vor eher konservativ. "Wir würden gern einige Filialen mehr betreiben. Eine Freigabe des Marktes für die uneingeschränkte Filialisierung ist aber nicht in unserem Interesse", sagt sie. "Dann würden schnell große Anbieter, seien es Großhändler oder Pharmaunternehmen, das Geschäft dominieren. Das ist nicht in unserem Sinne, weil bei uns die Qualität der Beratung im Mittelpunkt steht."

Die Filialen und der Onlinehandel bei apo-rot befruchten sich gegenseitig. Eine Zahl von 1,5 Millionen Kunden dürfte sich im Filialgeschäft auch mit vier sehr gut laufenden Standorten kaum erreichen lassen. Umgekehrt schaffen die klassischen Apotheken Vertrauen bei Kunden, die im Netz bestellen. In Hamburg, aber auch bei den Partnerapotheken in anderen Städten, können die Kunden Artikel abholen und sich dabei persönlich beraten lassen.

Bis zu 1500 Kunden am Tag kommen in das helle und moderne Ladenlokal am Rothenbaum, deutlich mehr als in vergleichbar große Apotheken, die als Einzelfiliale ohne Internetauftritt arbeiten. Die Filiale beschäftigt 25 Pharmazeuten inklusive Auszubildende, obendrein Mitarbeiter für die kaufmännischen und logistischen Tätigkeiten. Sieben Apotheker sind gleichzeitig am Verkaufstresen im Einsatz.

Der überwiegende Teil des Sortiments in der Apotheke besteht aus rezeptfreien Artikeln, von Schmerzmitteln, Naturheilmitteln, Homöopathie und Kosmetika bis hin zu Naturkost. Aber auch jedes in Deutschland erhältliche Medikament mit Rezeptpflicht hat die Apotheke vorrätig oder bestellt es. "Das Wachstum sehen wir eher im nicht-rezeptpflichtigen Teil des Marktes, etwa bei Naturheilmedizin oder Homöopathie", sagt Dumke. "Das ist durchaus ein Spiegelbild für das moderne Apothekengeschäft insgesamt."

Neben dem Verkaufsdienst arbeiten die Angestellten in der Rezeptkontrolle, im hauseigenen Labor oder bei der Telefonberatung. Birgit Dumke muss als Inhaberin eine Vielzahl von Aufgaben wahrnehmen. So oft wie möglich steht sie aber noch selbst am Tresen. "Das hier ist meine Stammapotheke", sagt sie. "Unsere Kunden hier am Rothenbaum sind zumeist gut vorinformiert. Der Schwerpunkt bei unseren Beratungsgesprächen liegt vor allem bei der Beantwortung von Fragen zur Selbstmedikation. Unsere Mitarbeiter werden unglaublich viel gefragt."

Der Andrang hat am Vormittag noch einmal deutlich zugenommen. Als der Mittag naht und damit in vielen umliegenden Büros die Pause, stehen die Kunden in der Apotheke am Rothenbaum schon fast bis zum Eingang.

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