Zum ersten Mal spricht der Immobilienmakler Frank Jendrusch über die umstrittene Mieterhöhung für die Buchhandlung Wohlers.

St. Georg. Frank Jendrusch hat geschwiegen. Seit Juni hat sich der Vermieter der Buchhandlung Wohlers nicht in den Medien geäußert - als bekannt wurde, dass der Immobilienmakler der Traditionsbuchhandlung an der Langen Reihe die Miete erhöht hatte. Als Protestkundgebungen vor seinem Büro am Hansaplatz stattfanden und ihn Menschen aufforderten, den Stadtteil zu verlassen: "Hau ab aus St. Georg." Auch mit dem Bürger- oder Einwohnerverein in St. Georg hat er nicht gesprochen. "Ich fühlte mich bedroht und unter Druck gesetzt. Wenn man so mit mir umgeht, dann sehe ich keine Gesprächsbasis", sagt Frank Jendrusch.

Wohl selten hatte eine Mieterhöhung für so viele Schlagzeilen in den Hamburger Medien gesorgt. 4100 statt 1400 Euro sollte die Buchhandlung. Wohlers vom kommenden Jahr an bezahlen, zu viel für Buchhändler Jürgen Wohlers. Für einen attraktiven Standort wie die Lange Reihe sei das eine martkübliche Gewerbemiete, sagt Jendrusch. Die Immobilie hat er 1999 gemeinsam mit Partnern erworben, und bis heute vermietet er dort Wohnungen für 6,40 Euro pro Quadratmeter. Seit 1999 habe er die Miete der Buchhandlung nur geringfügig angehoben, zuletzt lag sie bei einem Quadratmeterpreis von 10 Euro. Doch als Kaufmann könne er das Geschäft auch nicht ewig subventionieren, sagt Jendrusch.

Als die Nachricht über die Mieterhöhung Anfang Juni in St. Georg die Runde machte, war die Empörung groß. Der Einwohnerverein St. Georg und der Bürgerverein schalteten sich ein. "Eine Mietererhöhung um fast 200 Prozent ist unanständig", sagte Helmut Voigtland, Vorsitzender des Bürgervereins. "Im Stadtteil brodelt es", stellte Michael Joho, Vorsitzender des Einwohnervereins, fest. Die Solidarität mit der Buchhandlung Wohlers wuchs von Tag zu Tag, die Kritik an Frank Jendrusch wurde immer lauter. "Ich fühlte mich einem Kesseltreiben ausgesetzt", sagt der Immobilienmakler.

Eine Welle der Sympathie für die Buchhandlung Wohlers schwappte durch Hamburg, mehr als 400 Bürger kamen im Juni zu einer Solidaritätskundgebung. Da ging es schon lange nicht mehr allein um die Buchhandlung, sondern ums große Ganze: um Gentrifizierung und die Verdrängung von alteingesessenen Ladengeschäften durch zu hohe Mieten. Eine Anwohnerin kritisierte: "Der Profitgier muss Einhalt geboten werden."

Ein Vorwurf, den Jendrusch nicht gelten lässt. "Ich habe mir erlaubt, eine marktübliche Miete für diese Eins-a-Lage zu verlangen", sagt Jendrusch und kritisiert zugleich die Doppelmoral vieler Protestanten. "Die Buchhandlung Wohlers erfährt eine Welle der Solidarität, nur diese Menschen kaufen leider dort nicht ein. Denn Bücher werden heute häufig über das Internet bestellt."

Doch nicht die Demonstranten, vor allem der Bürgerverein und der Einwohnerverein waren Jendrusch ein Dorn im Auge. In einem Brief warf er dem Vorsitzenden Voigtland "Propaganda", die "eindeutig antisemitische Untertöne" enthalte, vor. Zu diesem Brief steht Frank Jendrusch. "Ich habe diese Formulierung gewählt, weil ich mich von diesen beiden Vereinen systematisch emotional genötigt fühle. Die Stimmung wurde so aufgeheizt, dass es sogar zu Vandalismus kam. Dabei war es nie mein Ziel, Herrn Wohlers, den ich als langjährigen Mieter sehr schätze, zu vertreiben."

Tatsächlich hatte sich der Immobilienmakler auf seinen Mieter zunächst zubewegt. Der Schweizer Hotelier Felix Schlatter, der auch das Hotel Wedina in St. Georg führt, hatte angeboten, eine Miete in Höhe von 3200 Euro zu übernehmen, und wollte einen Fünfjahresmietvertrag abschließen, Jendrusch akzeptierte. Zwischen den Vertragspartnern wurde Stillschweigen vereinbart.

Doch dann, der Mietvertrag war noch nicht geschlossen, konnte Jendrusch alle Details in der Zeitung nachlesen. "Ich war enttäuscht und habe alle Verhandlungen abgebrochen. Aber gleichzeitig haben wir Herrn Schlatter eine zweite Verhandlungsrunde angeboten." Woraufhin Schlatter ihm ein neues Angebot unterbreitete und gleichzeitig ein Ultimatum setzte. "Ich lasse auf mich keinen Druck ausüben und habe nicht reagiert. Daraufhin hat Herr Schlatter am nächsten Tag in der Presse selber die Verhandlungen für gescheitert erklärt."

Nun ist für die Buchhandlung Wohlers Ende des Jahres am bisherigen Standort definitiv Schluss. "Die Fläche ist neu vermietet. Hier wird wieder ein inhabergeführtes Einzelhandelsgeschäft einziehen. Das Konzept wird die Lange Reihe bereichern", sagt Jendrusch. Und die Buchhandlung? Es sieht gut aus für den Traditionsladen. Nach Abendblatt-Informationen soll es einen neuen Standort an der Langen Reihe geben, der Mietvertrag in Kürze unterschrieben werden.