Weil Andy Grote (SPD) als Anwalt mit dem Fall Jule befasst war, wirft ihm die CDU Befangenheit vor. Dieser widerspricht jedoch.

Hamburg. Im Zusammenhang mit dem Fall des Pflegekindes Jule erhebt die CDU schwere Vorwürfe gegen Mitte-Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD). "Er ist in diesem Fall befangen und hat die Öffentlichkeit bewusst getäuscht", sagt Christoph de Vries, familienpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

Hintergrund dieser Vorwürfe ist die Tatsache, dass Grote vor seinem Amtsantritt als Anwalt für Jules Pflegeeltern gearbeitet hat. Grote entgegnet auf die Anschuldigung, dass es keine Interessenkollision gegeben habe und er alle zuständigen Stellen von seiner vorherigen Tätigkeit unterrichtet habe.

Mehrfach hat das Abendblatt über den Fall Jule berichtet. Er war kurz nach dem Methadontod der elfjährigen Chantal bekannt geworden und steht wie eben jener als Beispiel für die zum Teil chaotischen Zustände im Jugendamt Mitte. Das Hamburger Ehepaar Sabine und Holger Schuster hatte das Pflegekind Jule (alle Namen geändert) im Alter von vier Monaten aufgenommen. Das Mädchen war von Geburt an durch den Alkohol- und Drogenkonsum der leiblichen Mutter schwer geschädigt und bekam bereits mit 17 Monaten auf Antrag des damaligen Amtsvormundes einen Schwerbehindertenausweis.

Als die Pflegeeltern wegen zunehmender Probleme in der Zusammenarbeit das Amt wechseln wollten, kam es zu einem dreijährigen Machtkampf mit dem Jugendamt. "Das war wie Krieg, das Jugendamt Mitte hat quasi nichts ausgelassen, um Jule zu quälen", sagen die Schusters.

Die Schusters versuchten bei der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Jugendamt in Mitte, Einsicht in Jules Akte zu erlangen. Sie ließen sich dabei von der Anwaltskanzlei beraten, in der seinerzeit auch Andy Grote arbeitete. Er bearbeitete den Fall nicht hauptamtlich, sondern sprang lediglich für einen Teil der Bearbeitung ein. So sollte er als Vertretung für einen Kollegen die Akteneinsicht gerichtlich durchsetzen.

"Meine anwaltliche Tätigkeit endete aber am 15. Mai dieses Jahres", so Grote. Es war der Tag, an dem er Bezirksamtsleiter wurde. Anschließend habe er an der Fallbearbeitung des Pflegeverhältnisses durch das Jugendamt weder mitgewirkt noch darauf Einfluss genommen, sagt Grote.

Nachdem das Abendblatt über die Missstände berichtet hatte, kündigte Bezirksamtsleiter Grote eine Aufklärung des Falls Jule an. "Wir wollen genau wissen, was wann und warum von wem gemacht worden ist", sagte er am 27. Oktober im Abendblatt. Für den CDU-Mann Christoph de Vries zu wenig: "Grote hätte sich öffentlich für befangen erklären müssen." Er fordert nun, dass die Innenrevision ins Jugendamt Mitte gehen und auf Rechtsstaatlichkeit prüfen müsse. "Die Innenrevision soll die Rolle des Bezirksamtsleiters bewerten und schauen, ob es Interessenkonflikte gegeben hat." Er bemängelt weiter, dass Grote, der einst als Anwalt dafür eintrat, Akteneinsicht zu erlangen, dies als Bezirksamtsleiter, trotz der ausdrücklichen Bitte der Pflegeeltern in einem persönlichen Brief, verhindere.

Grote bestreitet einen Interessenkonflikt. "Den hätte es nämlich genau dann gegeben, wenn ich das Schreiben bearbeitet hätte." Stattdessen habe er das Schreiben der Pflegeeltern an den Jugendamtsleiter weitergegeben, um eine Interessenkollision zu vermeiden. Diesen habe er zudem damit beauftragt, die Aufklärung im Fall Jule voranzutreiben. Dies sicherzustellen sei als Bezirksamtsleiter seine Aufgabe. "Ich habe mich in der Sache damit nicht befasst und inhaltlich nichts gesteuert."

Grote verweist außerdem darauf, dass die anwaltliche Verschwiegenheit immer noch nachwirke. "Man darf Vertretungsverhältnisse auch im Nachhinein nicht öffentlich machen." Eine Pressemitteilung wäre deshalb aus seiner Sicht ein falscher Umgang gewesen. Er habe aber das Jugendamt sowie die Sozialbehörde über seine frühere anwaltliche Tätigkeit aufgeklärt. Darüber hinaus hat er unter anderem auch die Vorsitzenden der Bezirksfraktionen, darunter von der CDU, in der Bezirksversammlung Mitte über seine anwaltliche Tätigkeit unterrichtet.