Hans Gerst hat mit dem Raphael Wälderhaus in Wilhelmsburg sein neuntes Hotel eröffnet. Er zählt zu den größten Privathoteliers in Hamburg.

Hamburg. Eigentlich wollte er keine weiteren Häuser. "Wir haben bereits acht Hotels in Hamburg und Schwerin", sagt Hans Gerst dem Abendblatt. Doch als er das Konzept des Wälderhauses in Wilhelmsburg sah, konnte er das Angebot, dort auf den drei oberen Etagen sein neuntes Hotel Raphael einzurichten, nicht ablehnen. "Vor allem die konsequente Ausrichtung auf ökologische Materialien haben mich begeistert", so Gerst. Verbaut wurden fast nur Holz und andere natürliche Stoffe.

Der Mann kennt das Gewerbe bereits seit seiner Kindheit. Aufgewachsen im österreichischen Bad Gastein, einem idyllischen Ort, in dem es mehr Hotelbetten als Einwohner gibt, war seine berufliche Laufbahn vorgezeichnet. Zwar lernte er zuerst Tischler im eigenen Familienbetrieb, doch dann zog es den heute 66-Jährigen in die Hotellerie nach Deutschland. In Bielefeld machte er zuerst eine Ausbildung als Hotelkaufmann. Danach absolvierte er in Hamburg an der Hotelfachschule sein Studium der Betriebswirtschaftslehre. Als Assistent der Direktion heuerte er beim Hamburger Hotel St. Raphael an und übernahm bereits drei Jahre später den Chefposten.

Seit 1980 ist Gerst Geschäftsführender Gesellschafter des Hauses mit 120 Zimmern. Damit hätte er eigentlich zufrieden sein können. Aber der Unternehmer, der lange Zeit in Ehrenämtern wie etwa im Plenum der Handelskammer oder im Vorstand des Tourismusverbandes Hamburg aktiv war, ist kein Mann, der sich mit Kleinem zufriedengibt. Knapp ein Jahr später kam das Raphael Hotel in Altona hinzu. Mit Häusern wie den Hotels City House, Central, Stella Maris oder dem legendären Smolka an der Isestraße, in dem seit der Gründung immer wieder auch Stars absteigen, hat er sich ein Imperium von gut 1000 Betten geschaffen und es damit unter die größten Privathoteliers in der Stadt geschafft.

Dem Unternehmer gehören mehrheitlich die Betreibergesellschaften der Hotels, hinzukommen die Immobilie in Schwerin und die vom Stella Maris. Er betreibt ein Zwei-, vier Drei- und vier Vier-Sterne-Hotels. Insgesamt laufen vier seiner Häuser unter dem Logo Best Western. "Ich bezahle der Kette eine Franchisegebühr und profitiere von der starken Marke, der Internationalität von Best Western, dem Marketing und dem Buchungssystem", sagt er. Die teilweise niedrigere Klassifizierung der Hamburger Häuser hat seinen Grund: Der Aufwand ist geringer. Die kleinen Hotels haben kein eigenes Restaurant, sodass der Personalbestand mit jetzt insgesamt mehr als 250 Mitarbeitern im Branchenvergleich sehr niedrig gehalten werden kann. In Luxusbetrieben arbeiten oft mehr als 100 Beschäftigte - für ein Hotel. Und das kostet viel Geld. "In unseren fünf Garni-Hotels brauchen wir nur Empfangsmitarbeiter, Frühstücks- und Reinigungskräfte", sagt der Unternehmer. Und natürlich einen Direktor, der in der Hamburger Hotelgruppe aber gleich zwei Häuser betreut. Auch Marc Dechow, der neue Direktor vom Raphael Hotel Wälderhaus leitet daneben noch das Best Western Hotel Hamburg International. "Jeder Hoteldirektor wird nach vier bis fünf Jahren an der jeweiligen Betriebsgesellschaft beteiligt", so Gerst.

Da die neue Herberge in puncto Ökobilanz bundesweit führend sein wird, hat Gerst bereits Anfragen von namhaften Hamburger Firmen erhalten, die dort Tagungen durchführen wollen. Mit einem "grünen" Seminarraum können die Unternehmen ihre Ökobilanz aufbessern, schon allein deshalb, weil für den Bau und das Betreiben des Wälderhauses weniger CO2 freigesetzt wird als bei den üblichen Hotelkomplexen. Gerst hat in dem neuen Hotel Platz für rund 300 Tagungsgäste. Die Zimmerpreise lagen am Anfang bei 75 Euro pro Nacht, mittelfristig will Gerst um die 100 Euro erzielen.

Helfen soll dabei auch die Gastronomie im Erdgeschoss des Wälderhauses. Sie gehört zum Hotel, wurde jedoch an das Kulturunternehmen Mignon Circorante ausgelagert, das in Hamburg unter anderem den Kinderzirkus Mignon betreibt. Finanziert wird der Zirkus durch eine firmeneigene Cateringfirma, zu der auch das Wiener Caféhaus auf dem Roncalli-Weihnachtsmarkt in Hamburg gehört sowie der Zirkussommer auf Sylt. Jetzt kümmert sich Betreiber Mischa Kliewer auch um das Wälderhaus, in dessen direkter Nachbarschaft im kommenden Jahr die Internationale Gartenschau stattfindet. "Wir wollen in unserem Restaurant Wilhelms eine Küche für die Wilhelmsburger anbieten, mit regionalen Produkten und natürlich bezahlbaren Preisen", sagt Kliewer.

Erstmals angeschaut hat sich Gerst das Projekt in Wilhelmsburg gemeinsam mit seinem Sohn Walter Brandner, der Architektur studiert hat, einige Jahre in einem Architekturbüro arbeitete, aber dann ins Hotelfach wechselte. Die Unternehmensnachfolge ist damit gesichert. Zudem hat Gerst, seit der Filius mit im Boot ist, auch mehr Zeit für sein Hobby, die E-Gitarre. "Ich bin ein alter Rocker", sagt der Hotelier, der auch gern zu Konzerten in eines seiner Häuser einlädt. Ein weiteres Hotel nach dem Wälderhaus plant er nicht. "Aber man soll niemals nie sagen", so der Unternehmer, der zu einer festen Größe in der Hamburger Branche geworden ist.