Die Hamburger TAG kauft tausende Wohnungen in Berlin, Dresden und Rostock von der ehemaligen Treuhandtochter.

Hamburg/Berlin. Der Zuschlag kam nicht unerwartet. Die Hamburger TAG Immobilien hat nach dem Kauf von 25 000 Wohnungen von der DKB Immobilien (DKBI) Ende März erneut einen Coup gelandet. Die Hanseaten übernehmen vom Bund die TLG Wohnen und damit 11 350 Wohnungen vor allem in Berlin, Dresden und Rostock. Der Kaufpreis beträgt 471 Millionen Euro, wobei auch Verbindlichkeiten der TLG von 256 Millionen Euro übernommen werden. "Als deutsches Unternehmen aus der Branche hatten wir uns gute Chancen ausgerechnet und freuen uns jetzt, dass unser Angebot ausgewählt wurde", sagte TAG-Sprecherin Britta Wöhner gestern dem Abendblatt. Für die bundeseigene Gesellschaft hatten mehrere Immobilien- und Finanzinvestoren geboten.

Gründe für die Entscheidung seines Ministeriums nannte gestern Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). So sei mit der TAG ein Investor gefunden worden, "für den die Bestandsbewirtschaftung im Vordergrund steht und der sich zu einer soliden Entwicklung der TLG Wohnen verpflichtet hat".

Dazu gehört, dass für die Mieter eine Sozialcharta abgeschlossen wurde. Sie sieht vor, die jeweiligen Verträge unverändert zu übernehmen. Bisherige Mieter sind fünf Jahre vor Kündigungen wegen Eigenbedarfs und zehn Jahre vor Mieterhöhungen wegen Luxussanierungen geschützt. "Schwerbehinderte und ältere Mieter ab 60 Jahren bekommen ein lebenslanges Wohnrecht", bestätigte auch TAG-Sprecherin Wöhner. "Wir werden zudem alle 60 Beschäftigten der TLG übernehmen, die operativ tätig sind."

Mit dem Zukauf sieht TAG-Vorstandschef Rolf Elgeti nun gute Chancen, den Gewinn des Unternehmens weiter zu steigern. "Der Preis ist mit dem Elffachen der Gesamtmiete von 42,4 Millionen Euro günstig, noch vor einigen Monaten haben wir mit dem 13-Fachen gerechnet", sagte Elgeti dem Abendblatt. Dazu seien die Immobilien in einem guten Zustand, der Leerstand sei mit 4,7 Prozent niedrig. Auch den einzigen Nachteil des Geschäfts, die über Ostdeutschland verstreuten Standorte, könne die TAG auffangen. "Nach dem Kauf der Wohnungen der DKBI sind wir ohnehin schon in den Regionen vertreten", so Elgeti. "Damit hatten wir einen Vorteil gegenüber den Angeboten von Konkurrenten."

Die TLG Wohnen ist eine ehemalige Tochter der Treuhandanstalt. Sie wurde 1991 gegründet, um die nicht betriebsnotwendigen Grundstücke von DDR-Betrieben zu vermarkten. Auch 1150 Gewerbeimmobilien gehören zu ihrem Portfolio. Für sie sind laut Finanzministerium die Verhandlungen in der finalen Phase. Daher geht man in Berlin davon aus, dass der Zuschlag "in den kommenden Wochen" erteilt werden könne. Nach Informationen aus Branchenkreisen kann sich der US-Finanzinvestor Lone Star dabei Chancen ausrechnen.

Für TAG-Chef Elgeti ist mit dem Kauf der Wohnungen in den neuen Bundesländern die Expansion aber noch nicht abgeschlossen. Der Manager, dessen Vertrag gerade erst bis Ende 2017 verlängert wurde, kann sich weitere Zukäufe vorstellen. "Wir denken derzeit über mehrere Projekte nach. Im Vordergrund steht der Kauf von jeweils 2000 Wohnungen zum einen im Großraum Hamburg sowie erneut in Ostdeutschland", so der Manager.

Die Käufe werden jedoch auch davon abhängen, wie viel Geld bei einer geplanten Kapitalerhöhung eingenommen wird. Elgeti will dabei bis zu 30 Millionen neue Aktien zum Nennwert von je einem Euro ausgeben, um damit den Barpreis für die TLG von 218 Millionen Euro zu finanzieren. Der Preis für die neuen Papiere wird am 3. Dezember festgelegt. Weitere Wohnungskäufe dürften nun auch davon abhängen, wie hoch die Einnahmen sein werden. Gestern reagierten Anleger jedoch zunächst negativ auf die angekündigte Kapitalerhöhung. Die Aktie verlor bis zum Mittag zwei Prozent und lag bei 8,32 Euro. Später erholte sie sich wieder.

Bei der Kapitalerhöhung können die Altaktionäre für 17 Aktien jeweils fünf neue Titel der Immobiliengesellschaft übernehmen. Zu ihnen zählen deutsche und internationale Anleger und Fonds, 45 Prozent der Aktien sind breit gestreut. Dazu will die TAG Anteilsscheine "nationalen und internationalen Investoren" anbieten.

Mit künftig 69 000 Wohnungen bundesweit steigt die TAG nun in jedem Fall in die erste Liga der börsennotierten Immobilienunternehmen in Deutschland auf. Vermietet wird eine Fläche von mehr als vier Millionen Quadratmetern zu einer Jahreskaltmiete von 254 Millionen Euro. Damit hat die TAG seit 2009, als Elgeti zum Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens ernannt wurde, ihren Wohnungsbestand um mehr als das 16-Fache ausgeweitet. Zum Vergleich: Vor drei Jahren wurden gerade einmal 4206 Wohnungen verwaltet.