Der Hamburger Familienbetrieb Hartfelder expandiert mit klassischen Produkten wie Eisenbahnen, Plüschtieren und Puppen.

Hamburg. Fast jeden Monat bekommt Nils Hartfelder einen Anruf von Managern, die Einkaufscenter oder -passagen betreiben. Ob er nicht Interesse an einer frei werdenden Ladenfläche hat, wird er meist gefragt. Denn das Konzept der neuen Hamburger Spielzeugkette Hartfelder mit bisher vier Geschäften an drei Standorten ist gefragt. "Doch wir können nicht jeden Monat ein neues Geschäft eröffnen", sagt Nils Hartfelder. "Die bisherige Expansion muss erst einmal verkraftet werden."

Innerhalb von kurzer Zeit wurde die Verkaufsfläche der Geschäfte mehr als verdoppelt. "Unsere Umsatzerwartungen wurden deutlich übertroffen", sagt der 24-Jährige. Seine Freundin Julia Koopmann, mit der er zusammen die Standorte Tibarg-Center und Alstertal-Einkaufszentrum (AEZ) betreibt, kann sich noch zusätzliche Geschäfte vorstellen. "Wir sind noch jung, und wir haben auch schon ganz bestimmte Standorte im Visier", sagt die 23-Jährige, die wie ihr Freund BWL mit Schwerpunkt Marketing studiert hat.

Selbst an einem Wochentag drängen sich schon kurz nach zehn Uhr die Kunden im neuen Geschäft im Tibarg-Center. "Wir haben sehr viele deutsche Hersteller wie Haba, Ostheimer Holzfiguren, Kersa Handpuppen oder Fagus Holzspielzeug im Sortiment. Das kommt bei den Kunden an", sagt Vater Klaus-Dieter Hartfelder, der ebenfalls ein Geschäft in Bramfeld betreibt.

Auch die Hersteller wissen inzwischen, worauf es ankommt. Nachdem Eltern von Berichten über Schadstoffe im Spielzeug aufgeschreckt wurden, reagierten die Produzenten mit einem verbesserten Qualitätsmanagement und zahlreichen Prüfsiegeln. Teile der Produktion wurden aus China nach Europa zurückgeholt. Die fränkische Simba Dickie Group lässt Bauklötze wieder im Bayerischen Wald oder Holzeisenbahnen in Tschechien statt in China fertigen. "Für die Kunden sind die Herkunft und die Unbedenklichkeit des Produkts wichtige Kaufkriterien", sagt Klaus-Dieter Hartfelder. "Wir haben unser Sortiment danach ausgerichtet."

Mit 70 Quadratmetern hat Nils Hartfelder im Tibarg-Center in Niendorf angefangen. Der neue Laden ist mehr als viermal so groß. Auf den mehr als 300 Quadratmetern verkaufte vorher die dänische Spielzeugkette BR. Ihr Mietvertrag war ausgelaufen. Die Hartfelders wollten expandieren. "In dem kleinen Geschäft lag der Umsatz 100 Prozent über unseren Planungen", sagt Nils Hartfelder. Auch vom Platz her war eine Erweiterung geboten. "Wir sind sehr froh, dass sich hier ein inhabergeführtes Fachgeschäft für Spielwaren vergrößern konnte", sagt Center-Manager Denis Hartung.

Die Filialen in den Einkaufszentren sind von Anfang an die Projekte des Juniors. Dabei war lange nicht klar, dass er die Familientradition, die vor mehr als drei Jahrzehnten in Bramfeld begann, fortsetzen würde. Erst als Nils Hartfelder zusammen mit seiner Freundin den Laden des Vaters etwas modernisierte, kam der Impuls, sich selbstständig zu machen. "In Konzept, Analyse und Standortsuche haben sich die Kinder richtig hineingekniet", sagt Vater Hartfelder. "Einkaufszentren sind die besten Standorte, die man haben kann", so Nils Hartfeder. Nach dem erfolgreichen Start im Tibarg-Center folgte ein Jahr später die Filiale im AEZ.

Für die Spielzeughändler hat jetzt die wichtigste Zeit des Jahres begonnen. In den letzten beiden Monaten des Jahres wird ein Drittel des Gesamtumsatzes gemacht. Im Weihnachtsgeschäft laufen vor allem Klassiker: Holzspielzeug, Puppen, Plüschtiere, Kaufmannsladen, ferngesteuerte Autos, Lego, Playmobil, Carrera-Bahnen und Gesellschaftsspiele. Schon Anfang des Jahres wird auf der Spielzeugmesse in Nürnberg über die Verkaufserfolge des Jahres entschieden. "Das ist nicht einfach bei 70 000 Neuheiten", sagt Klaus-Dieter Hartfelder. "Vielfach muss aus dem Bauch heraus entschieden werden, was wir in die Verkaufsregale nehmen."

Manchmal gibt es da für alte Spielzeughasen auch Überraschungen wie bei den Glubschi Kuscheltieren. Ihre Besonderheit sind lediglich die großen Augen. Die Plüschtiere gibt es in vier verschiedenen Größen. "Sie sind sehr gefragt und haben sich zu Sammelobjekten entwickelt", sagt Julia Koopmann. Die Kinder wollen also möglichst viele Glubschis haben. Wegen ihres günstigen Preises reicht dafür auch das Taschengeld.

Gut für das Geschäft sind Spielzeuge, die immer weiter komplettiert werden können, wie die Sylvanian Families. Mit samtigen Tierfiguren wie Hasen, Igeln oder Bären und allerlei Zubehör vom Tante-Emma-Laden bis zur Schule kann fantasievoll gespielt werden. Lego versucht, mit der Serie Friends jetzt auch Mädchen mit Reiterhof oder Tierklinik zu begeistern. Für Jungs ist eher das Forstpolizeirevier von Lego gedacht, mit dem Räuber mit Hubschrauber und Geländewagen gejagt werden können. Es hat es auch in die Liste mit den zehn angesagtesten Spielzeugen geschafft, die der Handel jährlich für das Weihnachtsgeschäft erstellt.

Niedrige Geburtenraten und ein sich immer weiter verkürzendes Spielalter der Kinder machen der Branche zu schaffen. Das größte Umsatzpotenzial gibt es in der Gruppe der Sechs- bis Zehnjährigen, ermittelte der Marktforscher Eurotoys. Dennoch hat die Branche es geschafft, Jahr für Jahr die Umsätze zu steigern. In diesem Jahr erwartet der Spielzeughandel ein Plus von drei Prozent auf 2,7 Milliarden Euro - bei stabilen Preisen. "Für den Nachwuchs wird zunehmend hochwertiges und damit teureres Spielzeug gekauft", sagt Ulrich Brobeil, Geschäftsführer des Verbandes der Spielwaren-Industrie.

Diesen Trend können auch die Hartfelders bestätigen. "Das zeigt sich vor allem in unseren Filialen im AEZ", sagt Junior Hartfelder. Zum Geschäft mit 80 Quadratmetern ist seit Juli 2011 noch eine weitere Filiale mit 180 Quadratmetern hinzugekommen "Hier haben wir noch ein höherwertiges Sortiment positioniert, insbesondere Puppen oder Holzspielzeug", sagt Koopmann. Allein die Puppenkollektion umfasst acht laufende Meter Regal. Zwar lassen Kinder klassisches Spielzeug spätestens mit zwölf Jahren links liegen, dafür kehren viele später noch einmal in die Spielwelt zurück. Manche sammeln Puppen oder treffen sich mit Freunden zu Strategiespielen, andere bauen eine Modelleisenbahnanlage.

Davon profitiert vor allem das Geschäft von Klaus-Dieter Hartfelder in Bramfeld. Auf insgesamt 250 Quadratmetern gibt es Spielwaren und Modellbau. Dazu gehören Modelleisenbahnen und Zubehör in allen Maßstäben, 8000 verschiedene Auto- und mehr als 500 Flugzeugmodelle. "Im Bereich der Modelleisenbahn haben wir ein einzigartiges Einsteigersortiment, das von 50 bis 1000 Euro reicht", sagt Klaus-Dieter Hartfelder.

Noch dominiert in der Branche das Fachgeschäft als Vertriebsweg. Zu 38 Prozent kaufen die Deutschen Spielzeug im Facheinzelhandel. "Doch inzwischen geben sie jeden vierten Euro für Spielzeug im Internet aus", sagt Willy Fischel, Geschäftsführer des Bundesverbandes des Spielwaren-Einzelhandels. Innerhalb von nur einem Jahr hat sich der Anteil dieser Vertriebsform von 20 auf 25 Prozent erhöht.

Die Hartfelders halten mit Kundenbindung, Beratung und besonderen Aktionen dagegen. "In unseren Geschäften haben wir Geburtstagskisten. Die Kinder können sich Geschenke in den Hartfelder-Filialen aussuchen und in den Kisten deponieren", sagt Julia Koopmann. Verwandte und Freunde kommen dann vorbei und wählen Geschenke nach ihrem Budget aus. "Das macht allen Beteiligten viel Freude und erhöht die Kundenfrequenz", sagt Koopmann.

Klaus-Dieter Hartfelder organisiert jedes Jahr im Februar eine Neuheitenshow in seinem Geschäft. Das kommt ebenso an wie die jährliche Brettspielenacht im Herbst oder organisierte Werksbesichtigungen. "In diesem Jahr waren wir mit rund 50 Kunden bei Märklin und im Porsche-Museum", sagt Hartfelder. "Die Familie Hartfelder lebt das Thema Spielzeug wirklich", sagt Center-Manager Hartung. Sie expandieren gegen den Trend und begeistern ihre Kunden. Fünf Jahre, nachdem die Hamburger Spielwarenkette Salzmann an die dänische Kette BR verkauft wurde, gibt es jetzt wieder einen neuen Anfang bei einer Hamburger Kette. Salzmann hatte einst zehn Filialen in Hamburg und die Geschäfte liefen früher glänzend.