Auch Mathe kann spannend sein. Der MINT-Tag soll Schüler für Forschung und Technik begeistern. Mehr als 100 Schulen haben mitgemacht.

Hamburg. Physik und Chemie, Mathematik und Informatik - das sind nicht nur schwierige, sondern oft auch trockene Fächer an der Schule. Häufig sehr öde. Das meinen viele, die mit Naturwissenschaft nichts anfangen können. Der Hamburger MINT-Tag möchte diese Zweifler vom Gegenteil überzeugen. Mehr als 100 Schulen und verschiedene Einrichtungen haben gestern gezeigt, wie spannend Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (kurz: MINT) sein können. 97 Veranstaltungen, Aktionen, Vorträge standen auf dem Programm.

Zitronen zum Beispiel eignen sich hervorragend, um dem Forschungsdrang von Grundschülern gerecht zu werden. An der Grundschule Strenge in Wellingsbüttel liegen die gelben Südfrüchte an diesem Projekttag überall, in jedem Klassenraum, auf jedem Tisch. Klar, es riecht überall ziemlich frisch. Die Schüler der Klasse 2 a schneiden die Früchte in zwei Hälften, gucken sich die Zitronen an und sind auf der Suche nach dem Zitronenduft. Wo kommt er her? Steckt er eher im Fruchtfleisch oder in der Schale? Um die eine richtige Antwort geht es dabei gar nicht, sondern ums Staunen und Ausprobieren. "Ich wollte etwas machen, was die Schule verbindet. Und Zitronen verbinden die Klassen, denn sie eignen sich für Vorschüler ebenso wie für Viertklässler", sagt Dagmar Glessmer, Klassenlehrerin und bis vor Kurzem Fachleiterin für den Sachkundeunterricht. Sie hat den MINT-Tag an ihrer Schule organisiert und hofft, dass ihre Kollegen über den Projekttag hinaus häufiger Experimente in den Unterricht mit einbauen.

Ein Stockwerk höher machen die Schüler der 4 a gleich vier verschiedene Experimente rund um die Zitrone. Sie können zum Beispiel beobachten, was passiert, wenn Zitronensaft in einer Plastikflasche auf Backpulver trifft und ein Luftballon darüber gestülpt wird: Der Ballon bläst sich von selbst auf. Dass dahinter eine chemische Reaktion steckt, bei der CO2 entsteht, diese Erklärung wäre schon fast zu wissenschaftlich. "Es geht darum, dass die Schüler überhaupt sehen und beobachten", sagt Klassenlehrerin Marta Schimanski. Dieser Tag biete eine tolle Gelegenheit, in Ruhe zu experimentieren.

Der MINT-Tag, ausgerichtet unter anderem von der Schulbehörde sowie der Joachim-Herz-, der Körber- und der Nordmetall-Stiftung, hat vor allem ein Ziel: Begeisterung zu wecken. Die Vielfalt der Projekte, mit denen sich die Schüler den ganzen Vormittag beschäftigt haben, war enorm. Beispiel Gymnasium Rissen. Dort haben die 6. bis 12. Klassen einen Rennwagen konstruiert und getestet. Die Louise-Schroeder-Schule hat ein Theaterstück zur Mathematik erarbeitet, und die Schüler der Heinrich-Hertz-Schule durften mit Feuer und Flammen experimentieren. Beim Schulwettbewerb, bei dem die Schüler am Morgen eine praktische Aufgabe erhielten, haben 694 Klassen mit 16 000 Schülern mitgemacht.

Und wozu das alles? "Unsere Gesellschaft ist heute wie nie zuvor durchdrungen von Wissenschaft und Technik", sagt Matthias Mayer, Leiter des Bereichs Wissenschaft bei der Körber-Stiftung, "um selbstbewusst und selbstbestimmt in ihr zu leben, ist es wichtig, sie auch verstehen zu können." Doch Hamburg hat in den MINT-Fächern Aufholbedarf: So war die Stadt 2010 Schlusslicht unter den Bundesländern, was die Zahl der Hochschulabsolventen in den MINT-Fächern angeht, und der Bildungsmonitor 2012 des Instituts der Deutschen Wirtschaft sieht die Hansestadt in diesem Bereich auf Platz 14 von 16. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), der die Schirmherrschaft für den MINT-Tag übernommen hat: "Damit investieren wir in eine Zukunft, in der Experten und Lehrkräfte in diesem Bereich zunehmend gefragt sind."

An der Grundschule Strenge klappt das mit der Motivation für die Naturwissenschaft. Sie ist eine von 77 Schulen, die am bundesweiten Sinus-Projekt teilnimmt, das bedeutet, die Schule arbeitet an der Weiterentwicklung des Mathematikunterrichts.

Im Klassenraum der 4 a stellen Aliza und Anna, beide 9, gerade Zitronenlimonade her. Sie pressen die Früchte, mischen den Saft mit Wasser, Natron und Zucker. Und sie stellen fest, dass diese Limo nicht so süß ist wie die, die sie im Geschäft kaufen können. "Leider brennt der Zitronensaft auf meinen Kratzern an der Hand, und das Ganze ist eine große Sauerei", sagt Anna, "aber es macht Riesenspaß!" Sie lerne gerade etwas über die Welt, sagt sie. "Das sind alles Sachen, die wir auch zu Hause ausprobieren können."