Warum Spitzengastronomie allen Verbrauchern hilft

Nix da kulinarische Provinz: Seit einigen Jahren legt der Norden in der Top-Liga der Sterne-Restaurants wieder deutlich zu. Ein Drei-Sterne-Koch in Travemünde, drei Zwei-Sterne-Köche in Hamburg - vor Jahren noch kaum denkbar.

Dass es vorangeht in den Töpfen und auf den Tellern, dafür sind mehrere Entwicklungen verantwortlich: Die feinen Restaurants haben sich geöffnet, bestehen kaum noch auf steifer Förmlichkeit und Etikette, sind entschieden lockerer im Umgang mit Einsteigern in die Genuss-Liga.

Viele Gäste sind informierter und neugieriger. Sie haben Freude an ausgefallenen und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, Lust auf überraschende Aromen und kreativ arrangierte Kunstwerke auf ihren Tellern. Die flächendeckenden Kochshows im Fernsehen haben da mitgeholfen und das Berufsbild Koch nachhaltig aufgewertet.

Auch wenn Kochshow gucken und selber kochen nicht dasselbe sind: Gut zu kochen schafft inzwischen Prestige, gut zu essen im Top-Restaurant wird längst auch als Event begriffen, ein Gourmet-Dinner vielleicht gar als ganz großes Theater - und ist, so wie eine Oper oder ein Schauspiel, ein Schritt über alltägliche Notwendigkeiten hinaus in den Bereich der Freiheit.

Was aber hat die Mehrheit derer davon, die sich nicht zu den Gourmet-Gästen zählen dürfen, weil sie auch das Geld fürs Theater nicht ausgeben könnten? Dass gutes, qualitätvolles Essen quer durch die Gesellschaft ein Thema bleibt, weil es Menschen gibt, die sich kompromisslos dafür einsetzen. Längst nicht genug, längst nicht überall - aber es wird eben nicht nur über den Preis diskutiert, sondern über Frische, Qualität, Vielfalt der Sorten, über natürliche Herstellung unserer Lebensmittel. Und wenn alles richtig gut geht, wird die kulinarische Fantasie, allem Fast Food zum Trotz, auch mal in anderen, unbesternten Restaurants auf Trab gebracht. Essen kann Spaß machen, kann kreativ und gesund sein. Die Qualitätsfanatiker in den Sterneküchen helfen mit, dass diese Erkenntnis zwischen den Massenprodukten der Lebensmittelindustrie in den Supermarktregalen nicht völlig untergeht.