Die Touristiktochter OFT hat ihre Zentrale wie eine Ferienwelt gestaltet. Nun sollen auch die einzelnen Reisebüros umgebaut werden.

Hamburg. Für eine Weltreise braucht Wibke Bachor ihr Büro nicht zu verlassen. Schon der Eingangsbereich des Hamburger Touristikunternehmens OFT ist wie der Check-in-Schalter einer Fluggesellschaft gestaltet. Ein Gepäckband gibt es hier ebenso wie große Anzeigetafeln, die die Abflugzeiten imaginärer Flüge anzeigen.

Danach hat die Geschäftsführerin des Otto-Tochterunternehmens die Wahl: Entweder abtauchen in einer blauen Unterwasserwelt mit großen Plexiglaskugeln oder doch lieber eine Konferenz in einer Seilbahngondel vor Alpenpanorama abhalten? Denkbar wäre auch, sich mit Geschäftspartnern in einer nachgebauten Suite des Ritz Carlton zu treffen und sich dabei behaglich in einem großen, schweren Ledersofa zu rekeln.

Ein Zimmer ist so täuschend echt dem Inneren eines Jets nachempfunden, dass eine Mitarbeiterin darin sogar ihre Flugangst verloren haben soll.

"Wir wollten die Atmosphäre in unseren Büros einfach interessanter und spannender gestalten", sagt die hochgewachsene, ganz in schwarz gekleidete Chefin, während sie in einem Konferenzraum namens Alpensuite mit angedeutetem Kamin sitzt. "Das steigert die Motivation der Mitarbeiter und bringt sie auf völlig neue Ideen."

"Think Tanks" nennt Bachor die ungewöhnlichen Büros in der Firmenzentrale, die sich im sechsten Stock der Alstercity, eines gläsernen Bürokomplexes in Barmbek befindet. Abgeschaut hat sie sich die Idee vom Internetkonzern Google, der seine Mitarbeiter in der Hamburger Innenstadt schon mal in einem nachgebauten U-Bahnabteil tagen lässt oder die Programmierer samt Laptop in ein Schwimmbecken mit vielen, bunten Schaumstoffwürfeln schickt.

Fast 100.000 Euro hat sich die Otto-Tochter den Umbau der Räume kosten lassen. Eine Investition, die sich aus Sicht der Chefin gleich in zweifacher Hinsicht rechnet. Denn die Ferienwelten im Büro dienen nicht nur einer besseren Arbeitsatmosphäre für die 120 Beschäftigten, sondern sind auch Vorbilder für die geplante Umgestaltung der Reisebüros der Kette. Mit fast 340 Filialen und Franchiseläden der Marke Reiseland ist OFT die größte unabhängige Reisebürokette in Deutschland. Bisher sehen die Läden so aus, wie Reisebüros eben aussehen. Schreibtische, Computer, eine große Wand mit Katalogen. Gute Laune verbreiten allenfalls bunte Poster im Schaufenster.

"Wir möchten aber erreichen, dass die Kunden schon in Urlaubstimmung kommen, wenn sie unsere Reisebüros betreten", sagt Bachor. Daher wird sie in einigen Testgeschäften nun täuschend echte Flugzeugkabinen einbauen lassen, in denen sich die Kunden beraten lassen können. Die Schreibtische werden wie Tragflächen gestaltet, an deren Ende sogar eine Positionsleuchte blinken soll. Als erste Filiale wird das Reiseland-Büro an der Großen Bäckerstraße in der Hamburger City umgestaltet. "Zehn weitere Filialen sollen im kommenden Jahr folgen, danach werten wir aus, ob sich die Investitionen rechnen", sagt die Chefin.

Bisher haben sich die Veränderungen, die die Managerin der Reisebürokette verordnet hat, stets ausgezahlt. Seit ihrem Einstieg in die Gruppe vor vier Jahren ist es ihr nach eigenen Worten gelungen, die Otto-Tochter aus den roten Zahlen zurück in die Gewinnzone zu führen.

"In diesem Jahr werden wir bei OFT insgesamt den Umsatz um drei Prozent auf rund 700 Millionen Euro steigern", sagt sie. Die Geschäfte der Hauptmarke Reiseland sollen sogar um zehn Prozent auf 600 Millionen Euro zulegen. Die Onlinesparte mit Portalen wie Travelchannel.de wird hingegen etwas schwächer zulegen.

"Diese Entwicklung zeigt, dass Reisebüros trotz aller Skepsis von Kritikern noch immer sehr beliebt und zukunftsfähig sind", sagt Bachor. "Der Wunsch nach umfassender Beratung ist auch im Internetzeitalter unvermindert groß."

Trotz der positiven Geschäftsentwicklung wird sich der Hamburger Otto-Konzern allerdings bis 2014 von seiner Reisetochter trennen. Die Versandhandelsgruppe hatte bereits Ende 2011 entschieden, sich grundsätzlich aus dem Verkauf von Urlaubsreisen zurückzuziehen, weil dieser nicht mehr als Teil des Kerngeschäfts angesehen wird.

49 Prozent der Anteile an OFT hat Otto bereits an die VR meine Raiffeisenbank Altötting-Mühldorf abgegeben Das bayerische Kreditinstitut, das schon seit Jahrzehnten im Reisegeschäft aktiv ist, besitzt die Option, im übernächsten Jahr auch die restlichen Anteile zu übernehmen. Doch auch nach dem voraussichtlichen Eigentümerwechsel werde das Unternehmen in Hamburg bleiben, sagt Bachor.