Ein Kommentar Von Björn Jensen

Ein Teamchef, der in einer internen Abstimmung von keinem seiner Spieler explizite Zustimmung erntet, steht naturgemäß auf verlorenem Posten. Insofern ist der gestern vollzogene Rücktritt von Patrik Kühnen als Kapitän der deutschen Daviscup-Herren nur konsequent. Der 46-Jährige hätte ihn wohl schon im Mai einreichen sollen, als er von seiner Mannschaft für den World Team Cup ausgebootet wurde. Doch damals glaubte der stets auf Ausgleich bedachte und dadurch bisweilen zögerlich wirkende Saarländer wohl noch, das schlingernde Schiff wieder auf Kurs bringen zu können.

Wer als Chef keinen Fürsprecher in seinem Team findet, der muss Fehler gemacht haben. Kühnen wird im Deutschen Tennis-Bund (DTB) vorgehalten, er habe sich zu wenig um den Nachwuchs gekümmert, grundsätzlich zu wenig Präsenz gezeigt und mit seinem Festhalten an Altstar Tommy Haas die aktuelle Spielergeneration vergrätzt. Dass die DTB-Spitze jedoch noch Mitte September beim 3:2-Erfolg im Relegationsspiel gegen Australien in Hamburg verlauten ließ, die Vertragsverlängerung mit Kühnen sei nur Formsache, spricht Bände über die Planlosigkeit im Verband.

Die Chance, mit dem nächsten Bundestrainer einen echten Neuanfang zu wagen, ist eine große. Soll dieser glaubhaft gelingen, müsste mit Philipp Kohlschreiber, der den Streit mit Kühnen eskalieren und das Team mehrfach im Stich ließ, jedoch die sportliche Nummer eins gestrichen werden. Dass der DTB diesen Mut aufbringt, darf bezweifelt werden.