Rosemarie Lehmann pflegt seit elf Jahren eine öffentliche Gartenfläche - als eine von mehr als 1000 Gleichgesinnten in Hamburg.

Rotherbaum. Hartnäckig ist sie. Und kinderlieb und naturverbunden. Diese drei Eigenschaften kann Rosemarie Lehmann bei der Pflege der kleinen Grünfläche gleich neben dem Bezirksamt Eimsbüttel am Grindelberg gut miteinander verbinden. Denn wäre Rosemarie Lehmann nicht so beharrlich gewesen, hätte sie längst die grüne Oase inmitten der Stadt aufgeben müssen. Ihr Garten mit den Stockrosen, der Bergminze, den Ringelblumen und den hohen Margeriten war der Verwaltung lange Zeit lästig.

Doch die Einstellung der Bezirksämter hat sich in Zeiten knapper Kassen gewandelt. Weil sie häufig nicht genügend Mittel für die Pflege von Grünflächen haben, sind Grünpaten wie Rosemarie Lehmann willkommen. Die 77-Jährige ist eine von mehr als 1000 Grünpaten in Hamburg. Tendenz steigend.

Seit elf Jahren schon hegt und pflegt Frau Lehmann das Grün unterhalb der Grindelhochhäuser. Sie selbst wohnt oben im siebten Stock mit Blick auf ihre Blumen. "Ich hatte als Kind und später in meiner Ehe in den Walddörfern immer einen Garten", sagt die Rentnerin, die in Frankfurt an der Oder aufgewachsen ist. "Ich muss in der Erde arbeiten", sagt sie. Das sei eine Herzensangelegenheit. Bevor sie sich um die Fläche gleich neben dem Bezirksamt gekümmert hat, wuchsen dort nur Brennnesseln statt Blumen. "Das war völlig verunkrautet."

Dass so ein Idyll einfach so verkommt, das konnte sie nicht ertragen und hat die Sache selbst in die Hand genommen. Zwischendurch stand der kleine Garten vor dem Aus, weil der Leiter der damaligen Gartenbauabteilung das für eine "Verkleingärtnerung" hielt. Frau Lehmann blieb hartnäckig, sprach mit der Verwaltung und schon lange lässt man sie in Ruhe den Garten pflegen. Mehr noch. Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke freut sich über das Engagement und sagt: "Das ist eine tolle Sache." Auch seine Mitarbeiter genießen das Grün regelmäßig für eine kleine Pause an der frischen Luft.

Rosemarie Lehmann ist seit rund vier Jahren ganz offiziell Grünpatin. "Die Anzahl ist in den Jahren angestiegen, und wir freuen uns über das Engagement vieler Bürger, die einen Beitrag für Harburgs Grün leisten möchten", sagt Petra Schulz vom Bezirksamtsamt Harburg. Dort kümmern sich 297 Harburger ehrenamtlich um kleinere Grünflächen.

Frau Lehmann bekommt Geräte und Blumenzwiebeln vom Bezirksamt Eimsbüttel. Ihre grüne Oase ist auch bei den Kindern beliebt. "Die haben mir viel geholfen. Ein Junge war darunter, der verhaltensauffällig war und in der Schule störte. Hier kam er zur Ruhe", sagt sie. Der Garten als Therapieplatz. Für die älteren Schüler aus den umliegenden Schulen, sagt Frau Lehmann, sei der Garten gar ein spiritueller Ort, ein Garten Eden. Auf den Bänken kommen auch Fremde miteinander ins Gespräch. Die Menschen gehen hier aufeinander zu. "Die Alten und Jungen treffen sich." Selbst ein paar jugendliche Fußball-Rowdys, die die alte Dame zunächst beleidigten und versucht haben, sie fertigzumachen, sind inzwischen große Anhänger - nicht nur des Gartens, sondern auch von Frau Lehmann. Die hatte nämlich die Lehrer der Jungs kontaktiert und mit ihnen gemeinsam ein Nistkastenprojekt gestartet, selbstverständlich für ihren Garten. Das war ziemlich klug.

"Die Jungs waren bedürftig und isoliert. Die haben einfach Power und konnten das nicht ausleben. Mit dem Nistkastenprojekt haben sie endlich Wertschätzung erfahren." Und dann lächelt Frau Lehmann und sagt: "Seitdem lieben mich die Jungs!"

Viermal die Woche kümmert sie sich jeweils drei Stunden lang um den Garten. Das ist fast nicht mehr zu schaffen. Ein Arbeitsloser will ihr demnächst bei der schweren Gartenarbeit helfen.

Infos über Grünpatenschaften gibt es im Internet unter www.gruenpate.de und bei den Bezirksämtern.