Eine Bestandsaufnahme von Holger True

Wenn von Europa die Rede ist, dann gerne von einem Europa der Regionen. Von einem der kulturellen Unterschiede also, die bei aller Gemeinsamkeit gehegt und gepflegt werden sollen. Deutschland tickt da kaum anders. Schwaben legen gegenüber Badensern höchsten Wert auf Alleinstellungsmerkmale, Bayern beäugen Nordländer kritisch, und wohl nie käme es Frankfurtern in den Sinn, sich mit Offenbachern gemein zu machen, da hilft auch die gemeinsame Vorliebe für Äppelwoi nichts. Man ist eben stolz auf seine regionale, bisweilen gar auf seine höchst lokale Identität.

Dass dieser Stolz nur noch bedingt Berechtigung hat, zeigt allerdings eine lange Autofahrt quer durch die Republik, von Hamburg nach Kempten und zurück. Neun Stunden pro Strecke, eine lange Zeit, die das Autoradio verkürzen soll. Doch welch Grauen: Wohin der immer verzweifelter gedrückte Sendersuchlauf auch führt, überall die gleiche Grütze. Erträglich nur für Menschen, die den Rekord im Carly-Rae-Jepsen-Dauerhören brechen möchten oder ganz grundsätzlich zum Masochismus neigen. Ohne die Tendenz zur Selbstbestrafung ist nämlich weder die permanente "Call Me Maybe"-Beschallung erträglich, noch lässt sich eine der zahllosen Oldie-Abspielstationen aushalten, deren Playlist in erster Linie aus "Lady In Black" besteht - morgens, mittags, abends. Ein Deutschland der Regionen ist eine prima Idee. Bitte mit den Radioprogrammen gleich mal anfangen!