Experten sehen noch Potenzial an den Börsen. Vor allem die Nebenwerte befinden sich im Höhenflug. 2012 war ein gutes Aktienjahr.

Hamburg. Bisher gehört 2012 zu den außergewöhnlich guten Aktienjahren, jedenfalls für Besitzer von Inlandstiteln: Der Deutsche Aktienindex (DAX) hat seit Anfang Januar um rund 23 Prozent zugelegt. Mit einem Plus von etwa 28 Prozent hat aber der MDAX, der Index der mittelgroßen Börsenwerte, sogar noch etwas besser abgeschnitten. Vor wenigen Tagen markierte er dabei einen historischen Höchststand.

"Der MDAX war gegen die Finanzkrise wesentlich besser gewappnet als der DAX, dem mehrere wichtige Finanztitel angehören", erklärt André Will-Laudien, Leiter der Aktienanalyse beim Bankhaus Donner & Reuschel. "Ganz allgemein ist die Krisenanfälligkeit der Standardwerte höher." Hinzu komme, dass die Nebenwerte im Vergleich zu den Standardtiteln viele Jahre lang unterbewertet waren.

Dagegen hätten sich mehrere DAX-Konzerne wie etwa die Telekom sowie die Versorger E.on und RWE nicht so gut entwickelt und den Index gebremst, sagt Carsten Klude, Chefvolkswirt der Privatbank M.M.Warburg & CO. "Vor dem Hintergrund der Schuldenkrise galt Deutschland als 'Insel der Glückseligen', daher wollten internationale Investoren auch originär deutsche Titel kaufen und nicht nur DAX-Konzerne, die weltweit tätig sind", ergänzt Bernd Schimmer, Leiter der Haspa-Wertpapieranalyse. Er verweist zudem auf einige Sonderentwicklungen wie etwa bei den Aktien von Lanxess und Continental, die in den DAX aufgestiegen sind und als "Aufstiegsanwärter" dann besonders gesucht waren.

"Im MDAX ragen einige einzelne Titel besonders heraus, die deutlich überdurchschnittlich abgeschnitten haben", sagt auch Peter Reichel, Leiter Private Vermögensverwaltung bei der Berenberg Bank: "Maschinenbauer wie Dürr, Kuka oder Gildemeister profitierten von einer dynamischen Entwicklung der Auftragseingänge im Jahresverlauf." Zudem hätten einige Immobilientitel von der Belebung des deutschen Immobilienmarktes und von den sehr niedrigen Zinsen profitiert.

Nach Einschätzung von Klude könnten die Nebenwerte noch eine Zeit lang weiter den Standardtiteln den Rang ablaufen: "Die Gewinne der DAX-Titel dürften im nächsten Jahr eher konstant bleiben, während wir für die MDAX-Unternehmen noch leicht steigende Erträge erwarten."

Bei Donner & Reuschel ist man dagegen weniger zuversichtlich für den MDAX; hier lautet die Anlageempfehlung "halten". Auch Peter Reichel von Berenberg ist skeptisch: "Derzeit scheint uns das weitere Potenzial des MDAX begrenzt. Denn die Bewertung, gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis, ist nicht mehr günstig."

Generell seien die Anleger weltweit auf der Suche nach Rendite, nachdem das Zinsniveau bei Staatsanleihen mit bester Bonität stark gesunken ist - und dies kommt dem Aktienmarkt zugute. Für 2013 sei vor diesem Hintergrund die Stimmung verhalten positiv. Sollten die beschlossenen Maßnahmen zur Gesundung der Staatsfinanzen in Europa erkennbar greifen, könnte es gar zu einem "neuen Run auf dem Aktienmarkt kommen", sagt Will-Laudien.

Ob sich deutsche Titel dann aber noch immer so überdurchschnittlich gut entwickeln, sei zweifelhaft, meint Schimmer: "Mit einer Stabilisierung der Lage in Europa müsste mehr Geld in den Eurostoxx fließen, weil Aktien aus Italien und Spanien jetzt teils extrem günstig bewertet sind."