Hamburger Messe Hanseboot startet mitten in schwerer Branchenkrise. Zahl der Aussteller geht zurück. Veranstalter setzen auf Ostseeraum.

Hamburg. Bernd Aufderheide, Chef der Hamburger Messegesellschaft, zeigt beim Thema Hanseboot klare Kante: "Wir wollen Hamburg als führende Wassersport-Messe in Europa positionieren", sagte Aufderheide bei der Pressekonferenz zum Auftakt der diesjährigen Hamburger Bootsmesse, die morgen beginnt. Dafür wollen Aufderheide und sein Team eine kostbare strategische Ressource noch besser nutzen, Hamburgs Nähe zur Nordsee, vor allem aber zur Ostsee. "Der Norden in seinem Element" ist in diesem Jahr der neue Slogan der Hanseboot.

Die Ostsee ist Europas vielfältigstes Revier für Segelregatten und mehr noch für Fahrtensegler und Besitzer von Motoryachten. Hinzu kommt, dass neben den klassischen nordeuropäischen Segelnationen Schweden, Dänemark und Finnland auch in den aufstrebenden Volkswirtschaften Osteuropas, vor allem in Polen und den baltischen Staaten, eine neue vitale Bootsszene entsteht. Hamburgs starken Bezug zu der Region dokumentieren in diesem Jahr unter anderem Gemeinschaftsstände aus Polen, Estland und Finnland.

Gemessen an der Zahl von Ausstellern und Besuchern, müsste Hamburg allerdings noch stark aufholen, um die weltweit größte Bootsmesse Boot in Düsseldorf zu überholen. In diesem Jahr kommen 650 Aussteller aus 25 Nationen auf die Hanseboot, etwas weniger als im vergangenen Jahr. Mehr als 1000 Wasserfahrzeuge werden präsentiert. Die Messegesellschaft erwartet rund 85 000 Besucher, rund 10 000 weniger als 2011. Das allerdings liegt auch daran, dass der traditionelle Außenbereich der Hanseboot im City Sportboothafen dieses Jahr wegen Bauarbeiten am Hochwasserschutz der Hafenpromenade nicht genutzt werden kann. Zur Düsseldorfer Bootsmesse, die im Januar stattfindet, kamen dieses Jahr 1656 Aussteller aus 62 Ländern sowie rund 247 000 Besucher. Die Düsseldorfer Bootsmesse verdankt ihre starke Stellung unter anderem dem großen nordrhein-westfälischen Markt sowie der Nähe zu den Niederlanden mit deren sehr bootsaffinem Publikum.

Düsseldorf wie auch Hamburg allerdings blieben und bleiben in diesem Jahr hinter ihren bisherigen Rekordzahlen zurück. Die schwierige Lage am Bootsmarkt ist dafür ein Grund, aber möglicherweise auch die wachsende Zahl von Bootsmessen und Sonderausstellungen zum Thema Wassersport. So gibt es außer der Hanseboot und der Boot auch Fachmessen in Berlin und in Friedrichshafen am Bodensee, zudem eigene Ausstellungen wichtiger Unternehmen wie etwa des schwedischen Segelyachtherstellers Hallberg Rassy.

Der deutsche Bootsbau spürt indes die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise in vielen europäischen Ländern. "Unsere klassischen Märkte wachsen nicht mehr", sagte der Präsident des Deutschen Boots- und Schiffsbauer-Verbandes (DBSV), Torsten Conradi. So waren deutsche Segelboote im ersten Halbjahr 2012 im Ausland deutlich weniger nachgefragt. Die Zahl sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 26,4 Prozent auf 642 Stück, der Wert ging um 21 Prozent auf 68,4 Millionen Euro zurück. Im Bootsexport insgesamt verminderte sich zwar die Stückzahl der Ausfuhren um 16,6 Prozent auf rund 4850, jedoch steigerte sich der Wert um 12,6 Prozent auf 399 Millionen Euro. Das allerdings ist zum Teil auch dem Bau und Export von Großyachten geschuldet, einem für den deutschen Markt eher untypischen Produkt.

Auch am deutschen Markt gibt es einen klaren Trend: "Die Kunden in Deutschland kaufen zwar wieder mehr Boote, aber kleinere und günstigere als früher", sagte Claus-Ehlert Meyer, Geschäftsführer des DBSV. Am deutschen Markt sieht er noch großes Potenzial. Die Branche hofft, dass das Geschäft nach der Wirtschaftskrise deutlich anzieht. "In Deutschland kommen auf ein Boot rechnerisch 230 Einwohner, in der Schweiz sind es 80", sagte Meyer. "Die Deutschen sind nicht so wasserbegeistert, aber daran arbeiten wir noch.

In Deutschland gibt es nach Branchenschätzungen rund 500 000 Boote. Gerade bei den Segelyachten droht eine gewisse Überalterung der Besitzer, die meist schon deutlich älter als 50 sind. "Es gibt viel Interesse bei jungen Menschen, in den Segelsport einzusteigen", sagt der Hamburger Segelmacher und vielfache deutsche Regattameister Frank Schönfeldt, Inhaber des Unternehmens Clown Sails in Sülldorf. "Aber häufig geben sie das Segeln dann mit dem Einstieg in das Berufsleben wieder auf. Uns fehlt im Grunde die Altersgruppe zwischen 20 und 40."

Mehr als früher wollen sich die Ausrichter der Hanseboot deshalb nun auch um das Publikum der Motorbootfahrer kümmern. "Vor allem im Bereich der Motorboote konzentrieren wir uns auf Hersteller und Modelle, die für Fahrten auf Nord- und Ostsee und auf den Binnenrevieren nachgefragt werden", sagte Heike Schlimbach, Projektleiterin für die Hanseboot bei der Hamburger Messegesellschaft. Urlaubsfahrten in Hausbooten, für die meist kein Bootsführerschein benötigt wird, seien in den vergangenen Jahren in Deutschland deutlich beliebter geworden, sagte sie, etwa in den Wassersportrevieren der Mecklenburger Seenplatte. Gerade für Familien mit Kindern sei diese Form des Wassersports attraktiv.

Neben den Ausstellungsstücken bietet die Hanseboot ein großes Programm von Seminaren, Sonderausstellungen und Symposien. Wassersportschulen präsentieren sich bei der Messe ebenso wie Textilhändler, Segelmacher, Bootsvermieter und Reisebüros, die auf Wassersport spezialisiert sind. In einem Wasserbecken in einer der Hallen können Kinder erste Segelerfahrungen machen. In einer eigenen "Refit Arena" werden Besucher in Reparaturtechniken für Boote unterwiesen. Die "Hall of fame" zeigt Klassiker des Motorboot- und Segelbootbaus.