Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Das Urteil ist gefällt. Lance Armstrong, der Größte aller Radsportstars, ist nur noch einer der größten Sportbetrüger der Geschichte. Mit den sieben Siegen, die er zwischen 1999 und 2005 bei der Tour de France herausfuhr, darf er sich seit gestern nicht mehr schmücken. Ein großer Tag für den Radsport war dieser Montag nicht.

Denn allein mit "Hurra, der Lance ist nicht mehr da" ist es nicht getan. Das Verdikt des Radsport-Weltverbandes UCI kann kein Schlussstrich sein. Um den Sumpf einer tief verseuchten Sportart auszutrocknen, bedarf es mehr als eines enttarnten Bösewichts. Eigentlich müsste die Dachorganisation nun auch ihre eigenen Funktionäre aus dem Verkehr ziehen. Dass UCI-Chef Pat McQuaid Armstrongs Machenschaften plötzlich aufs Schärfste missbilligte, mutet angesichts des jahrelangen Schulterschlusses mit dem Star der Szene mehr als heuchlerisch an. Allzu gern haben sich Funktionäre und Sponsoren im Glanz der Lichtgestalt gesonnt.

Die gestern vertagte Frage, wer denn die verwaisten Toursiege von Armstrong erben könnte, ist zweitrangig. Dass sich Jan Ullrich womöglich bald viermaliger Sieger der Frankreich-Rundfahrt nennen könnte, ist eine lächerliche Vorstellung. Der einstige deutsche Vorzeigeprofi hat sich einer ehrlichen Aufarbeitung seiner Karriere bislang verschlossen.

Wenn nur saubere Fahrer bei der Tour de France starten würden, soll einmal ein Profi gesagt haben, müsste der Tour-Chef schon selber aufs Rad steigen. Bis darüber gelacht werden kann, wird es noch dauern.