In einer Kindersendung erzählt Komödiantin Anke Engelke, dass sie sich gerade eine neue Uhr gekauft hat. Dann malt sie zur Verblüffung der Zuschauenden ein großes grünes Ziffernblatt hinter sich an die Wand. Die Zeiger stehen auf sieben Uhr. Das tun sie den ganzen Tag. Das sei ihre absolute Lieblingsuhrzeit, erklärt Engelke. Denn mit sieben Uhr würden sich so viele schöne Momente verbinden: aufstehen, frühstücken, zur Schule gehen, sich freuen auf alle Leute, die man heute treffen wird ... Aber auch sieben Uhr abends sei eine tolle Zeit: zu wissen, dass es gleich ins Bett geht und Zeit ist, ganz lange zu schlafen und in den Träumen die tollsten Sachen zu erleben.

Natürlich ist es kein Zufall, dass in dieser pädagogisch geprägten Sendung ausgerechnet eine Uhrzeit gewählt wurde, die für die meisten Kinder eher mit gemischten Gefühlen gesehen wird. Doch gerade darum bleibt der enthusiastische Blick, den die Quatschmacherin auf diese Uhrzeit wirft, im Gedächtnis und ermutigt dazu, die Aufsteh- und Zubettgehzeit einmal selbst wie sie zu sehen.

In der Bibel ruft der Apostel Paulus seiner Gemeinde in einem seiner Briefe zu: Jetzt ist die Zeit der Gnade! Jetzt ist der Tag des Heils! (2. Korinther 6, 2)

Natürlich hatte Paulus damit Größeres im Sinn als den relativ simplen Gedanken: Denke dir doch einmal die Tages- oder Jahreszeit, die du eher nicht magst, ganz anders und schön! Und doch nutze ich den Ruf von Paulus manchmal, um mich selbst daran zu erinnern, dass mir das Leben in seiner Fülle und Freude genau jetzt, in diesem Moment, zugesagt ist. So kann ich manches um mich herum plötzlich anders sehen und empfinden.

Dann erinnert mich auch der Herbst nicht mehr nur an alles, was jetzt keine Zeit mehr hat, weil der Sommer unwiderruflich vergangen ist. Dann denke ich nicht mehr an zunehmende Dunkelheit, ungemütliche Kälte, melancholische Regentage. Sondern ich sehe die feurige Farbenpracht der Blätter, die Schönheit der kahlen Bäume, ihrer Stämme und nackten Äste und spüre weich die Wärme meines neuen Wollschals.

Es klappt: Einfach mal durch einen grauen, nassen Herbsttag gehen, der mich sonst schütteln könnte, und ihn so sehen, als sei dieser der schönste Tag! Im Vertrauen auf die große Zusage: Jetzt ist die Zeit der Gnade! Jetzt ist der Tag des Heils!

astrid.kleist@gmx.de