Eigentlich will Ehrgeizling Markus Söder gern einmal die CSU anführen. Doch jetzt steht die nette Ilse Aigner im Weg

Es ist ja ein bisschen wie bei den Royals. Wie bei diesen Geschichten aus den Königshäusern, von denen wir aus herumliegenden Klatschblättern beim Friseur oder im Wartezimmer erfahren. Na ja, Sie wissen schon: Wer heiratet wen? Welche Prinzessin ist als Nächstes schwanger? Viel interessanter sind dabei allerdings Berichte über die Abgründe. Über Macht, Neid, Eitelkeiten. Das ist der Stoff, aus dem die wirklich heißen Storys sind. Und der Stoff eines Stückes, das gerade im Freistaat Bayern aufgeführt wird. Ganz abwegig ist der Vergleich mit einer Monarchie ja nicht. Auch wenn Kaiser Franz Beckenbauer mit der Sache in diesem Fall rein gar nichts zu tun hat.

In den Hauptrollen des Dramas finden sich zwei CSU-Politiker. Da ist zum einen Bayerns Finanzminister Markus Söder. Das ist der, der auch mal gern Kanzlerin Angela Merkel in die Parade fährt, wenn er mit markigen Worten den Griechen die Rückkehr zur Drachme nahelegt. Und da ist Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner. In Merkels Kabinett ist sie eher unauffällig und hat ihre großen Auftritte vor allem dann, wenn EHEC oder Lebensmittelskandale wie jener um dioxinverseuchtes Hühnerfutter die Republik erschüttern.

Bis vor Kurzem galt Söder als wahrscheinlichster Thronfolger von Bayerns Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer. Der hat zwar beschlossen, bei der Landtagswahl 2013 noch einmal anzutreten, danach aber, also 2018, wirklich aufzuhören. Der 45-jährige Söder, ein Ehrgeizling aus Franken, tat und tut seit jeher viel dafür, der natürliche Nachfolger zu werden: Mit 16 trat er in die CSU ein, wurde Landesvorsitzender der Jungen Union, CSU-Generalsekretär, bayerischer Europaminister, Umweltminister und ist seit November 2011 Finanzminister im Freistaat. Söder kann zu vielen Themen etwas sagen - und tut es auch. Einen "Langstreckenschwimmer" nennt er sich gern, jemanden mit viel Ausdauer und langem Atem, der eisern sein Ziel verfolgt, ohne sich umzuschauen. Seit der einstige CSU-Superstar Karl-Theodor zu Guttenberg in die USA ausgewandert ist, schien dieses Ziel erreichbarer denn je.

Doch da hat der vermeintliche Kronprinz die Rechnung ohne Ilse Aigner gemacht. Sie hat angekündigt, 2013 aus Berlin nach Bayern zu wechseln, von der Bundes- in die Landespolitik. Ein Posten in Seehofers Kabinett, der auf eine CSU-Alleinregierung hofft, dürfte ihr sicher sein - auch weil Aigner Chefin des mächtigen Bezirks Oberbayern ist. "Kronprinzessin" wird sie auf einmal von bajuwarischen Medien getauft, sehen sich nun doch all jene Kommentatoren bestätigt, die schon längst vermutet hatten, Aigner bringe sich als Nachfolgerin Seehofers in Stellung.

Dabei ist die 47-Jährige doch das genaue Gegenteil des zielstrebigen Söder: Sie ist ruhig, lächelt nett, zieht sich gern ein Dirndl an und passt so richtig rein in die urbayerische Strauß- und Stoiber-Welt der guten, alten Tage. Zudem dürfte auch Seehofer nicht entgangen sein, dass es dem konservativen Image der CSU ganz gut täte, wenn statt eines Haudrauf-Rhetorikers zum ersten Mal in der Parteigeschichte eine Frau das Ruder übernimmt.

Auch wenn weder er noch sie offen den Chefposten für sich reklamieren, weiß natürlich jeder in der CSU, dass das Rennen eröffnet ist. Schon vor dem Parteitag an diesem Wochenende in München galt die Frage Kronprinz oder Kronprinzessin als inoffizielles Gesprächsthema Nummer eins. Denn wenn Söder Pech hat, ist er am Ende trotz aller Anstrengung der Gelackmeierte. Man kann sich vorstellen, wie sehr er sich bemühen wird, um das in den nächsten Jahren zu verhindern.

Die Elemente für eine spannende Geschichte sind also da: Macht, Neid, Eitelkeit. Vielleicht kommt auch noch Intrige hinzu. Für Seehofer dürfte es zumindest leichter sein, Aigner in Schach zu halten, bis er 2018 abtreten will. Söder trauen Beobachter hingegen vieles zu - auch dass er es im Falle einer Schwäche des CSU-Chefs selbst sein könnte, der ihn vom Thron stoßen wird. Schon Parteiidol Edmund Stoiber musste erfahren, dass es selbst in Bayern Königsmörder gibt.